Ein aktuelles Konzert und eine jüngst erschienene CD rücken den deutschen Romantiker ins Blickfeld
Ein Konzert mit Schumann
Nein, heuer ist kein Jubiläumsjahr für Robert Schumann. Dennoch ist er für mich in dieser Woche der vorherrschende Komponist geworden. Und da muss ich mich gleich verbessern: Schumann ist einer der zentralen Komponisten in meinem Leben, auch mit seinen Liedern, die ich oft gesungen habe.
Doch um Lieder geht es in diesem Artikel nicht, sondern zuerst einmal um ein Konzert, das diesen Dienstag in Vaduz stattfand. Das Fürstentum Liechtenstein bietet ja ein reges kulturelles Leben ( https://tak.li ), unter anderem hochkarätige Klassik-Konzerte im familiären Vaduzer Saal. Zu Gast war das Kammerorchester Basel unter der Leitung von Mario Venzago und der Klaviersolistin Khatia Buniatishvili. Auf ihrem Programm standen ausschließlich Werke Robert Schumanns, seine Ouvertüre zu seiner einzigen Oper Genoveva, weiters sein einziges Klavierkonzert und seine Dritte Sinfonie, genannt die Rheinische. Bei der Ouvertüre klang das Orchester noch etwas vorsichtig – wer einmal auf diesem Podium stand, weiß, wie schwer es dort ist, sich gegenseitg zu hören. Dann rückte der Konzertflügel in den Mittelpunkt, und damit Schumanns wunderbares Konzert in a-Moll und seine Interpretin, die Georgierin Khatia Buniatishwili.
Diese Frau ist ein Gesamtkunstwerk, sie ist äußerst attraktiv, ihre Attitüde ist hingebungsvoll und ihr Spiel von einer Bandbreite des Ausdrucks, die bis zu Äußersten geht, aber, und das ist wesentlich, nie die Textur des Werkes sprengt. Auch wenn man, wie die Schreiberin dieser Zeilen, nicht unbedingt eine Verfechterin biografisch konnotierter Zugänge zum Werk eines Komponisten ist, so drängte sich doch bei dieser Aufführung das Bild von Clara Schumann am Klavier auf, die sicher mit der allergrößten Bewunderung für das Werk ihres geliebten Mannes dieses Konzert damals im Jahr 1845 zur Uraufführung brachte. Es war eben die Liebe, die diese Aufführung in Vaduz durchzog und die das Ganze so berührenden werden ließ. Sie war spürbar im klanglichen Verschmelzen von Klavier und Orchester, in den wundervollen Dialogen der Solistin mit einzelnen Instrumenten und Vielem mehr. Das ist natürlich nur möglich, wenn nicht nur die Solistin außergewöhnlich ist, sondern auch der Dirigent und das Orchester. Mario Venzago dirigiert seine Musikerinnen und Musiker mit großer mimischer und gestischer Ausdrucksvielfalt, und sie folgen ihm mit aller Sorgfalt und außerordentlicher Klangschönheit. Die Rheinische Sinfonie wurde so zum Ereignis. Ihre vielfältigen Charaktere – ein zentraler Begriff im Verständnis Schumanns – kamen wunderschön zur Ausprägung, seien es die leichtfüßigen Mittelsätze, die Schumann selbst auch für „Laien“ gut verständlich fand, sei es der so feierliche vierte Satz oder der ausgelassene fünfte, wo Venzago einmal buchstäblich das Tanzbein schwang. Bleibt, über die Zugaben von Frau Buniatishwili zu berichten – ich gestehe dass ich beide nicht benennen kann. Die zweite spielte sie mit unglaublicher Rasanz, die erste wundervoll schlicht. Bedauerlich, dass ein gefühlloser Klatscher diese zauberhafte Stimmung jäh zerstörte.
Eine Einspielung der Quartette von Robert Schumann
Nur drei Streichquartette hat Robert Schumann geschrieben, und dieses sein Opus 41 brachte er mit einem Mal heraus – freilich gab es einige diesbezügliche Anläufe in den Jahren zuvor. Das französische Quatuor Modigliani hat nun eine Einspielung dieser drei kammermusikalischen Kostbarkeiten vorgelegt, die aufhorchen lässt und daran erinnert, dass es in Frankreich auch schon im 19.Jahrhundert eine starke Affinität zu diesem deutschen Romantiker gab. Diese vier Herren haben sich am Pariser Conservatoire im Jahr 2003 zusammengefunden und eine großartige Karriere geschafft, unter anderem waren sie das erste Streichquartett, das in der so prestigeträchtigen Hamburger Elbphilharmonie aufgetreten ist. Und wiederholt waren sie, wie auch die zuvor genannte Pianistin Khatia Buniatishwili, bei der Schubertiade in Schwarzenberg und Hohenems zu Gast.
Wenngleich das Quatuor Modigliani sich nach einem Maler benannt hat, nämlich Amedeo Modigliani, so steht im Mittelpunkt ihrer Interpretation nicht satte Farbe, sondern Klarheit – vielleicht erinnernd an die Bleistiftzeichnungen des Namenspatrons.
Und diese bekommt den Quartetten Schumanns auf das Allerbeste, denn selten hat man sie so plastisch phrasiert und so lichtdurchflutet wahrgenommen. Bei alledem kommt Schumanns berühmte „Poesie“ nicht zu kurz, ganz im Gegenteil, jeder Satz erhält seinen eigenen Charakter, seine eigene Aura.
Auch im Zeitalter von YouTube sind CDs noch etwas besonderes, vor allem wenn sie ein gutes Booklet haben. Das ist hier der Fall: es enthält einen lesenswerten Aufsatz von Melissa Khong, der das Werk beleuchtet, und statt der sonst so langweilig zu lesenden Künstlerbiografie gibt es ein Comic, das die Karriere der Quatuor Modigliani veranschaulicht: originell und nachahmendwert!
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