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Bregenzer “Armida”: Müder Zauber – tolle Sänger

Schon zweimal konnte der Regisseur Jörg Lichtenstein beim Opernstudio der Bregenzer Festspiel inszenieren. Mozarts „Cosί fan tutte“ sowie „Le nozze di Figaro“ gelangen nicht unbedingt überzeugend, und dennoch bekam er erneut die Chance mit Joseph Haydns „Armida“. Ein schwierig zu inszenierendes Stück von vorneherein, da das Libretto dramaturgisch nicht gerade stringent gebaut ist. Dabei hat im 18.Jahrhundert kaum eine Gestalt der Literatur so oft die Fantasie der Opernkomponisten erregt wie die Zauberin Armida aus Tassos Epos „Das befreite Jerusalem“: Vielleicht deshalb, weil sie es schaffte, die Männer vom Krieg abzuhalten und zur Liebe zu bewegen, eine zu allen Zeiten wünschenswerte Fähigkeit.

Statt auf Reduktion zu setzen und die Musik und die wunderbaren jungen Sängerinnen und Sänger in den Mittelpunkt zu stellen, setzt Lichtenstein auf Aktion im Stil von Harry Potter. Junge Leute in College-Blazern erstürmen einen Dachboden voller Gerümpel und machen Party, gehen dabei, nebenbei gesagt, ziemlich brutal mit den Frauen um. Das wirkt überinszeniert und wird auch nicht lange durchgehalten.

Im Mittelpunkt stehen bald Armida und Rinaldo, das Liebespaar. Sie haben Meinungsverschiedenheiten, die nun Länge mal Breite ausgetragen werden. Er soll in den Krieg ziehen, doch sie will ihn bei sich haben. Mittels Argumenten und immer wieder auch mit Zauberkraft hält sie ihn immer wieder vom Kämpfen ab, während der Feldherr Ubaldo und König Idreno sowie der Soldat Clotarco ihn immer wieder auf das Schlachtfeld holen wollen. So will eine spannende Handlung kaum in den Gang kommen. Erst im dritten Akt entsteht szenische Faszination, als im Zauberwald Rinaldo die Myrte der Armida fällen soll, Sinnbild bräutlicher Liebe.

Differenziert zu sehen ist die Ausstattung von Nikolaus Webern. Während das Bühnenbild wenig überzeugt – doch da musste er sich wohl den Intentionen der Regie unterwerfen – tragen die Sängerinnen und Sänger bestechend schöne Kostüme, und auch seine Lichtgestaltung trägt viel dazu bei, dass die Aufführung doch weitgehend in guter Erinnerung bleibt.

Doch sollte dieses Werk am besten sehr reduziert inszeniert werden (Jürgen Flimm hat Händels „Alcina“ vor längerem in Zürich in der völlig ausgelehrten Bühne spielen lassen – eine nahezu identische Handlung), oder, wenn einem dazu die Meisterschaft fehlt, besser konzertant gegeben werden. Denn es ist die Musik, die alles sagt, und sei es die wunderbare Naturschilderung im Zauberwald., die „Die Schöpfung“ vorausnimmt. Die Musik lässt auch die Emotionen der Figuren eindrucksvoll erleben. Und wenn so fabelhaft gesungen wird wie von Nicole Wacker in der Titelrolle und Kieran Carrel als Rinaldo, so ist die Gänsehaut allein dadurch garantiert. Da gibt es ganz heldische und ganz zarte Nuancen, da perlen die Koloraturen durch alle Lagen, dass es eine Wonne ist. Haydns mutet den Sängerinnen und Sängern äußerste Virtuosität zu, und das ganze Ensemble, zu dem weiters Kathrin Hottiger, Hyunduk Kim, Gabriel Rollinson und Dafydd Jones gehören, ist dem gewachsen. Jonathan Brandani führt die Sängerinnen und Sänger gut, die Freiheiten im Tempo aber, die er sich vor allem zu Beginn erlaubt, wirken manieriert. Das Symphonieorchester Vorarlberg spielt frisch und glasklar und ist in der heiklen Akustik des Kornmarkttheater kaum einmal zu laut.

Fotos: Bregenzer Festspiele Karl Forster

 

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