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Schubertiade Schwarzenberg: Ian Bostridge und Julius Drake spannen Bogen

Da haben wir sie wieder, die wundervollen Konzerte der Schubertiade in Schwarzenberg, wo Heuduft, grüne Wiesen und Felsgipfel gleichzeitig mit exquisiter Musik zu erleben sind. Diese perfekte Idylle bedient der britische Kult-Tenor Ian Bostridge mit seinen teils abgründigen Programmen nicht immer, und das ist gut so. Sein Konzert in Schwarzenberg war einsame Klasse. Nicht nur, weil er optimal bei Stimme war und seinen unverwechselbaren Tenor nach Wunsch strömen lassen konnte, auch das Programm in seinen vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten war phantastisch. Und phantastisch war auch das Klavierspiel von Julius Drake, der dem großartigen Sänger ein Partner auf Augenhöhe ist.

Neben den Werken Franz Schuberts kann man gerade in der aktuellen Schwarzenberger Konzertreihe auch neuere Musik erleben. So beim Liederabend, den Tenor Ian Bostridge und Pianist Julius Drake am Samstagabend im Angelika-Kauffmann-Saal gegeben haben, wo die beiden neben Gesängen von Schubert und Mahler zwei Lieder aus einem eigens für sie komponierten Zyklus von Hans Werner Henze (1926-2012) darboten. Wie immer hat der in Oxford promovierte Ian Bostridge auch diesmal sein Programm mit einer überzeugenden Dramaturgie gestaltet. Lieder nach Texten von Friedrich Rückert standen am Beginn und Ende des Konzertes und bildeten sozusagen die Ankerpunkte des Bogens, der sich dazwischen ausspannte. Und diese Rückert-Gedichte hatten alle mit Entsagung zu tun. So legte das Programm einen Weg zurück zwischen dem Verzichten, etwa bei Schuberts „Wallfahrt“ oder dem „Greisengesang“, hinein ins Leben und Lieben mit Schuberts „Lachen und Weinen“ oder dem schwärmenden „Sei mir gegrüßt“, Dann erlebte man Krieg und Tod mit Mahlers „Wunderhorn“-Liedern und kehrte schließlich mit vier der Rückert-Lieder desselben Komponisten wieder zur Entsagung zurück. Als Kulminationspunkt dazwischen erklangen zwei der „Gesänge aus dem Arabischen“ von Henze, die Ian Bostridge mit dem Einsatz vieler stimmlicher Möglichkeiten bis hin zu Falsett faszinierend sang, die aber auch dem fabelhaften Julius Drake Raum boten, seine spieltechnischen und musikalischen Fähigkeiten in aller Fülle auszubreiten. Sowieso erfreute Drake den ganzen Abend lang mit lebhaft mitgestaltendem Spiel. Etwa bei den Wunderhorn-Liedern Mahlers, die Bostridge mit einer unglaublichen Expressivität sang. Umso berührender war dann die Zurückgenommenheit der Rückert-Gesänge. „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ heißt es zuletzt, und danach hielten die beiden Interpreten eine Pause der Ergriffenheit. Ebenso das Publikum, bevor es jubelnd zwei Zugaben forderte.

(Foto Schubertiade)

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