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Opernstudio der Bregenzer Festspiele zeigt Massenets “Werther”

Dunkler Mond über tragischer Liebe

Das Opernstudio der Bregenzer Festspiele, ein Herzensprojekt von Intendantin Elisabeth Sobotka für jungen Sängrinnen  und Sänger, präsentierte Montagabend höchst überzeugend Massenets „Werther“.

Als Goethe seinen Briefroman „Werther“ 1774 veröffentlichte, löste er ein regelrechtes Fieber aus. Auch in Frankreich zog dieser Text weite Kreise, sodass mehr als hundert Jahre später Jules Massenet ihn zu einem Opernlibretto erkor und die Dramatik insofern steigerte, dass zuletzt auch Charlotte dem aus unerfüllter Liebe zu ihr sterbenden Titelhelden ihre Liebe gesteht. Was lange Zeit als Ideal einer ganz großen Liebe gesehen wurde, würden wir heute eher als Stalking bezeichnen. Keine leichte Aufgabe also für die vierunddreißigjährige, in Wien lebende Regisseurin Jana Vetten. Sie lenkt den Fokus auf Charlotte, die in deswer Lesart auch ihre Mutter durch Freitod verloren hat. Charlotte ist hin- und hergerissen zwischen ihrem Mann Albert und Werther und damit zwischen dem Traum der idealen Liebe fernab des Alltags, wo nur ein dunkler Mond das Liebespaar bewacht, und dem Leben in ihrer Familie und der biederen Dorfgesellschaft. Letztere wendet sich vom sterbenden Werther demonstrativ ab, ja, sie bedeckt in mit dem Tuch, das bis dahin die Bühne begrenzt hat. Noch viel wäre zu erzählen von dieser sehr gelungenen Inszenierung durch Jana Vetten, an deren Aussagekraft die Ausstattung von Camilla Hägebarth einen wesentlichen Anteil hat. Sogar an das originale Outfit Werthers mit blauem Jackett und gelber Weste wurde gedacht. Sorgfalt herrscht auch in der Zusammenführung der Szene mit der Musik. Bewegungen der Akteure sind feinsinnig abgestimmt auf die Klänge des Orchesters, und die warmen Farben des Bühnenbildes korrespondieren mit diesen.

Die Dirigentin Claire Levacher leitet die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne sowie das Symphonieorchester Vorarlberg sicher. Dieses spielt hervorragend, liefert wunderschöne Soli und auch herbe Dramatik. Doch das Theater am Kornmarkt ist akustisch schwierig, der Klang knallt und die der impressionistischen Partitur innewohnende Weichheit bleibt vielfach auf der Strecke. Endlich ist von den jungen Sängern die Rede, die das Herz dieser Produktion ausmachen. Kady Evanshyn ist eine bezaubernde Charlotte, kokett zuerst und schließlich dramatisch verstrickt, und auch in ihrem Mezzosopran kann sie alle Farben zwischen Leichtigkeit und großem Ausbruch bringen. Ebenso ideal erfüllt Raúl Guitiérrez die Rolle des Werther. Wie aus einer anderen Welt klingt sein Tenor zuerst, dann wird er immer leidenschaftlicher. Sarah Shine als Sophie, Yuriy Hadzetskyy als Albert, Lucas Cortoos als Amtmann sowie Thimothy Veryser und Raoul Steffani ergänzen das Ensemble, und die Kinder der Musikmittelschule Bregenz Stadt machen ihre Sache ganz toll. Diese achte Produktion des Opernstudios der Bregenzer Festspiele ist herausragend in dieser Reihe sowie in den Bregenzer Festspielen insgesamt.

Kady Evanshyn

(Foto Webseite der Sängerin)

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