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Opernhaus Zürich: „Rosenkavalier“ geht unter die Haut

Opernhaus Zürich: „Rosenkavalier“ geht unter die Haut

Die Ära des neuen Zürcher Opernhaus-Intendanten Matthias Schulz wurde brillant eingeleitet. Stars wie Diana Damrau, Günther Groissböck oder Bo Skovhus, längst am Haus bekannte Sänger und solche, die neu im Ensemble sind, bringen den “Rosenkavalier” von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal zum Strahlen. Brillant die Regie von Lydia Steier.

 

Wer hätte gedacht, dass eine Oper, die bislang vor allem als nostalgisch bittersüße Liebesgeschichte betrachtet wurde, derart zeitgemäß auf die Bühne gebracht werden könnte wie dieser „Rosenkavalier“ von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss. Regisseurin Lydia Steier, die übrigens 2028/29 auf der Bregenzer Seebühne Wagners „Der fliegende Holländer“ inszenieren wird, hat am Opernhaus Zürich  die Quadratur des Kreises geschafft, hat den Rosenkavalier, uraufgeführt 1911 und angesiedelt im Wien der Maria Theresias, in die MeToo Bewegung geführt. Und das ganz aus dem Libretto heraus, ohne dem Werk Gewalt anzutun. War in anderen Inszenierungen der Baron Ochs ein jovialer Landadeliger mit ausgeprägtem Interesse am weiblichen Geschlecht, so wird er hier zum Sex-Maniac bis zur Perversität. Graf Oktavian, pikanterweise eine Hosenrolle, dargestellt von der wunderbaren Angela Brower, führt diesen Provokateur im dritten Akt auf drastische Weise vor. Der großartige, vitale Günther Groissböck lässt sich angekettet auspeitschen und wird so von seiner Braut Sophie (bezaubernd und frisch: Emily Pogorelc) und seiner Cousine, der Fürstin Werdenberg entdeckt. Es bleibt ihm nicht anderes übrig, als sich zurückzuziehen, auch aus der geplanten Hochzeit, die er ohnehin nur wegen des reichen Schwiegervaters Faninal (Bo Skovhus) eingegangen wäre. Die Bühne lehrt sich, und zurück bleiben die Fürstin, Sophie und der Graf, der sich zwischen den beiden Frauen sieht. Die ihr Älterwerden im ersten Akt so schmerzlich spürende Fürstin entlässt ihren jungen Liebhaber Oktavian in die Arme von Sophie, und ein berückendes Terzett der drei Frauenstimmen erklingt. Nicht nur das Werk an sich, auch die aktuelle Aufführung in Zürich wird von Frauen dominiert, denn am Dirigentenpult steht Joana Mallwitz und führt das große Orchester und die zahlreichen Sänger auf der Bühne sicher durch die farbenreiche Partitur. Für die Ausstattung zeichnet der Künstler Gottfried Helnwein verantwortlich, der für seine verstörende Fotos von gequälten Kindern bekannt ist. Er thematisiert mit solchen das im „Rosenkavalier“ so präsente Thema der Vergänglichkeit und lässt bei den Kostümen barocke Pracht zu. Zudem schlägt er eine beziehungsreiche und vielsagende Farbpalette auf. Doch jede Oper, besonders aber diese, lebt von den Sängern, und hier ist neben den bereits erwähnten Diana Damrau als Fürstin (Marschallin) zu nennen. Sie legt bei all ihrer Natürlichkeit eine Gefühlstiefe in diese Figur, die ihresgleichen sucht. Somit ist dieser Zürcher „Rosenkavalier“ eine überragende Produktion, die Lust macht auf die neue Intendanz von Matthias Schulz.

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