Sensationell war der Auftritt des Weltklasse-Perkussionisten Martin Grubinger und seines Ensembles bei FAQ in Bregenzerwald. Zuvor ein Talk.
Wer den Angelika-Kauffmann-Saal in Schwarzenberg von der Schubertiade her kennt, staunte an diesem Freitagabend. Farbiges Licht auf dem Podium, große Lautsprecher daneben, und der Saal voll besetzt mit vorwiegend jüngeren Menschen. Bereits vor neunzehn Uhr begann der lange Abend mit einem „Talk“ zwischen Thea Dorn (Literarisches Quartett), Martin Radjaby (österreichischer Stratege und Mediengestalter), moderiert vom bekannten deutschen TV-Journalisten Claus Kleber. Zum Thema „Sprache MACHT Veränderung?“ diskutierten die drei über das Gendern, über die Wortwahl in den Medien und auch, ob man einen Begriff wie „Heimat“ wirklich einer rechten Partei überlassen sollte. In der ganzen Diskussion fiel auf, wieviel von deutschen Verhältnissen die Rede war, wie wenig, trotz der wichtigen Wortmeldungen Radjabis, von den österreichischen. Mehr als nur eine Überleitung zum weiteren Verlauf des Abends war die etwas euphemistische Feststellung, dass Kunst gesellschaftsverändernd, wenn nicht -verbessernd wirken kann. Denn nach einem kulinarischen Intermezzo im Schulhof – auch Kochen kann Kunst sein – steuerte man gegen halb zehn auf den erklärten Höhepunkt des gesamten Festivals zu, dem Auftritt des Weltklasse-Perkussionisten Martin Grubinger mit Familie und Freuden. Familie deshalb, weil er mit Ferzan Önder vom Klavierduo Ferhan und Ferzan Önder verheiratet ist und auch, weil Vater Martin Grubinger Senior das exzellente Arrangement vom Strawinskis „Le sacre du printemps“ geschaffen hat. Nicht zu vergessen die Tourmanagerin, Martin Grubingers Mutter. Wie Musikfreaks wissen, beendet der heuer vierzigjährige Martin Grubinger noch in diesem Monat seine Karriere mit einem Konzert in Salzburg. Auf seiner Abschiedstournee durch die großen Konzertsäle Europas kam er ins idyllische Schwarzenberg, das er, wie er sagte, schon immer im Bewusstsein hatte durch die Schubertiade: „Am Ende meiner Karriere spiele ich nun tatsächlich hier“. Möglich wurde das durch seine Bekanntschaft mit FAQ-Managerin Aurelia Batlogg-Windhager und Armin Wolf (ZiB), der im Saal anwesend war und bei der zweiten Zugabe mitwirkte. Warum Grubinger nun aufhört, wird verständlich, wenn man ihn in Aktion erlebt. Seine Performances sind Hochleistungssport, er tanzt mit seinen Instrumenten, seinen Schlegeln, kann raschest die Plätze zwischen den Instrumenten wechseln, die die ganz Bühne füllen. Kurzum, er gibt sich einem Flow hin, wie man ihn sich kaum vorstellen kann. Das hält man nicht bis zum Pensionsalter durch, und außerdem hat Martin Grubinger diverse weitere Interessen, die er vermehrt pflegen will.
(Grubinger sitzend)
Zurück zum Freitagabend in Schwarzenberg: Bei Strawinskis „Sacre“ für drei Perkussionisten und Klavierduo gab es ein breites Spektrum an Klängen, denn viele melodische Passagen kann die Marimba oder das Vibraphon übernehmen, die auch mit Geigenbögen zu Klingen gebracht wurde. Das war dann ganz zart. Sehr kühn und auch vielfältig in seiner Klangwelt war das zweite große Werk des Abends, das 2012 eigens für Grubinger entstandene Schlagzeugkonzert „The Tears of Nature“ des prominenten chinesischen Komponisten Tan Dun (man erinnert sich an diverse Wirksamkeiten Tan Duns in Europa, nicht zuletzt seiner Mitwirkung bei der Vertonung der Passionsgeschichte aus den vier Evangelien, die im Auftrag der deutschen Bachakademie an vier KomponistInnen aus vier Kulturkreisen vergeben wurde). Tan Dun reizte beim Konzert für Grubinger das Spektrum der Klänge voll aus. Von markerschütternden Schlägen auf die große Trommel bis zum zarten chinesischen Volkslied im zweiten Satz war alles möglich. Nach zwei Zugaben und Standing Ovations hieß es Abschied nehmen vom Musiker Martin Grubinger. Draußen an der Bühnenrampe wartete schon der große LKW auf die Instrumente.
Fotos: Hannes Kläger friendship.is
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