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Kühles Leuchten eines neuen Stars

Die Sopranistin Elsa Dreisig gilt spätestens nach ihrem Salzburg-Debut im Festspielsommer 2020 als neuer Star am Opernhimmel. Am Dienstag präsentierte sie in Vaduz eine vielseitige Mozart-Gala zusammen mit dem Kammerorchester Basel unter Konzertmeister Baptiste Lopez. Im ersten Teil in einem Midikleid mit Glitzersneakers, dann in einem Oversize-Hosenanzug in Schwarz machte sie klar, dass sie mit dem tradierten Bild einer Primadonna nichts am Hut hat. Und sie steht nicht brav da, vielmehr kauert sie als frauenverliebter Page Cherubino aus der „Hochzeit des Figaro“ vor einer der Geigerinnen und streichelt ihr das Knie und die Schulter. Später krümmt sie sich als Donna Elvira auf einem Sessel haareraufend ob der Untreue des „Don Giovanni“: „Verraten und verlassen, habe ich immer noch Gefühle für ihn“. Verzweiflung, Wut und Dramatik liegen der zierlichen Elsa Dreisig besonders gut. Das erlebt man auch, wenn sie in die Rolle der eifersüchtigen Elletra in „Idomeneo“ schlüpft. Und am überzeugendsten überhaupt gelang ihr der Sarkasmus der Despina aus „Così fan tutte“ was die Zugabe war. Ihr Salzburger Erfolg war übrigens eine andere Rolle in dieser Oper, nämlich die der Fiordiligi. Diese Figur war im Konzert in Vaduz präsent durch die Arie „Come scoglio“, in der Elsa Dreisig, wie mehrmals an diesem Abend, ihren beeindruckenden Tonumfang bis hin zur den mühelosen Spitzentönen wie auch ihre Wendigkeit und Intonationssicherheit bewies.

Also alles wunderbar? Nein, denn ein großer Wunsch bleibt offen, und zwar der nach der Beseeltheit des Gesanges, der die Verletzlichkeit und die Innigkeit der Mozart’schen Frauenfiguren so berührend macht. Auch das Kammerorchester Basel musiziert einen frischen, flotten Mozart, wenn es die „Prager Symphonie“ oder einige der Opern-Ouvertüren spielt. Aber auch hier fehlt die Tiefe des Gefühls, die früher ein Nikolaus Harnoncourt und heute, zumindest teilweile, ein Teodor Currentzis ausloten konnte beziehungsweise kann. Somit ein Konzert mit allerhand Brillanz, das dennoch einen kühlen Eindruck hinterließ und einem mit einem gewissen emotionalen Manko in die Nacht entließ.

Foto: Facebook

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