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Händels Jephtha am Vorarlberger Landestheater

Als Kulturberichterstatterin und Musikvermittlerin steht man durch die Corona-Pandemie im Abseits. Doch einzelne Veranstalter, in Vorarlberg ist es das Landestheater am Kornmarkt in Bregenz, erlauben den Kritikerinnen und Kritikern die leibhaftige Anwesenheit in den Generalproben, freilich nach vorhergehender Testung. Zum Verständnis: für eine Öffnung nach dem Lockdown müssen die Theater gerüstet sein mit herzeigbaren Aufführungen, und die wollen sorgsam geprobt sein.

Am Freitagabend war es die Generalprobe zu einer Aufführung, die das Publikum erst in einem Jahr sehen kann, nämlich die zu Georg Friedrich Händels Jephtha am Vorarlberger Landestheater. Ein Trostpflaster gibt es: der Mitschnitt wird beziehungsweise wurde am 7. März ab 19h im ORF Radio Vorarlberg zu hören sein.

Händel musste 1751 wegen gesundheitlicher Probleme die Komposition seines Oratoriums Jephtha Monate lang unterbrechen. Ganz ähnlich, wie es derzeit unserem Kulturleben ergeht. Jephtha, englisch gesungen, ist ein Oratorium nach dem Alten Testament, genauer nach dem elften Kapitel aus dem Buch der Richter. Der Topos des Vaters, der sein Kind opfern muss, ist in den antiken Erzählungen verbreitet. Denke wir an Abraham und Isaak aus der Bibel, an Agamemnon und Iphigenie aus der Ilias von Homer (von Goethe und Gluck in der Neuzeit gedeutet), oder an die Geschichte von Idomeneo aus den Metamorphosen des Ovid, von Mozart als Oper geformt.

Jephtha ist also eine hoch dramatische Geschichte, die trotz ihrer Bestimmung für das Konzertpodium sich auch sehr gut für die Bühne eignet. Zumal in Bregenz mit Stefan Otteni ein Regisseur gefunden wurde, der die Handlung mit größter Spannung erfüllen konnte. Behutsam wurde sie aktualisiert, denn Otteni hat einige Zeit im Nordirak gelebt und gearbeitet und wurde dort mit der Frage konfrontiert, wieweit Glaube gehen darf. Und genau darum geht es in dieser Geschichte: Der israelitische Feldherr Jephtha gelobt Gott vor einer Schlacht, im Falle des Sieges das erste Wesen zu opfern, das ihm zuhause entgegenkommt.

Storgè und Iphis

Es ist seine Tochter Iphis. Sie und ihr Vater sind bereit, das Opfer zu vollziehen, doch anders als in der Bibel lässt Händel und sein Librettist Thomas Morell die Sache gut enden: ein Engel erscheint und hebt den unseligen Schwur auf. Gerade die Erscheinung des Engels (Veronika Vetter) löst Regisseur Otteni undogmatisch und augenzwinkernd, und darüber hinaus zeichnet er die Personen sehr eindrucksvoll. Da erlebt man Jephtha unsicher, aber dann auch selbstüberschätzend wie in der Szene des Schwurs und am Ende, wo er gottgleich das Götzenbild erklimmt, und Michael Feyfar ist mit seinem Charaktertenor die ideale Besetzung. Seine Gattin Storgè, hier ein wankelmütiger Charakter, wird gegeben von der schön singenden Mezzosopranistin Cornelia Sonnleithner. Anrührend in ihrer Reinheit, stimmlich und darstellerisch, ist Elisabeth Wimmer als Iphis. Als ihr Freund Hamor überzeugt der Countertenor James Hall, und Thomas Simmel sorgt für das klangvolle Bassfundament. Ob die Einführung der beiden Sprechrollen Mirjam und Aaron sein mussten, bejaht man am Ende, denn Maria Lisa Huber und Nico Raschner bringen wichtige Dimensionen ins Geschehen. Viel zu spät ist von der wunderbaren Musik Händels die Rede, von der allerdings einiges gekürzt werden musste, zum Beispiel der Wiederholungsteil bei den Da capo-Arien. Unter der Gesamtleitung von Heinz Ferlesch gelingt Vieles stark und tief berührend, das Symphonieorchester Vorarlberg und der Bregenzer Festspielchor, einstudiert von Benjamin Lack, geben ihr Allerbestes.

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