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Georg Friedrich Haas: so bemerkenswert wie unbequem

Zum siebzigsten Geburtstag ehrt man den im Montafon aufgewachsenen Komponisten Georg Friedrich Haas mit einer Aufführung seines Tanzstückes „Solstice“.

Seine Kindheit und Jugend in einer Nazifamilie hat Georg Friedrich Haas mit seinem Buch „Durch vergiftete Zeiten“ aufgearbeitet, zu seinen sado-masochistischen Sexpraktiken hat er sich öffentlich geoutet. „Eine Befreiung“ sei das gewesen, bekennt er. Wenn man sich erinnert an Bühnenwerke bei den Bregenzer Festspielen 1996, 1998 und 2003, so kann man sagen, dass diese Befreiung sich auch in seiner Musik niederschlägt. Schon lange hat Haas sich mit Mikrotonalität beschäftigt, im 2019 uraufgeführten Werk „Solstice“ – „Sonnenwende“ nun wendet er sie im Sinne der Spektralmusik einer Klangsinnlichkeit an, die sich vom Mainstream der Avantgarde entfernt. Das Spiel mit Obertönen, Mikrointervallen und den Klangfarben der Instrumente ist flirrend und schimmernd auf faszinierende Art.

Bei der Aufführung am Donnerstagabend auf der Hinterbühne des Dornbirner Kulturhauses leisteten die zehn Musikerinnen und Musiker des Vorarlberger „Ensemble Plus“ unter Guy Speyers ganz große Arbeit und brachten die Partitur so an- wie aufregend zu Gehör. Etwa sechs Minuten spielten sie sogar in völliger Dunkelheit und somit auswendig – Dunkelheit ist für Haas immer wieder ein Stilmittel, besonders im Stück „Solstice“, wo das Wachsen des Lichts thematisiert wird. Jedoch will Haas „nichts symbolisieren“, und so ist auch der Tanz, erarbeitet von Brigitte Walk und Elisabeth Orlowsky sowie den sechs Tänzerinnen und Tänzern, zu verstehen. Das Lichtdesign von Matthias Zuggal, Farben und die starke Ausdruckskraft des Tanzes bilden in Verbindung mit der vielschichtigen Musik ein faszinierendes Ganzes, das nicht nach Bedeutung abgeklopft werden muss.

 

Georg Friedrich Haas als „wichtigsten derzeit lebenden Komponisten“ zu bezeichnen, mag etwas verwegen sein. Jedoch ist er so hoch geschätzt, dass der neue Intendant der Bayerischen Staatsoper, Serge Dorny, ihn ins Zentrum eines neuen Festivals, genannt „Ja, Mai“ (bayerisch auszusprechen!) im wunderschönen, intimen Cuvilliestheater stellt, mit dem prominenten Leitungsteam Teodor Currentzis, Claus Guth oder Romeo Castellucci.

Weitere Vorstellungen von „Solstice“ in Dornbirn sind am 17., 18., 21. und 22.2.2023, jeweils um 19.30 Uhr. Matinee-Vorstellung am 19.2.2023 um 10 Uhr.

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