Don Pasquale am Landestheater für Vorarlberg
Es ist ein merkwürdiges Stück, diese Opera buffa von Gaetano Donizetti, 1843 uraufgeführt. Die Figuren kommen aus der commedia del’arte: der geizige Alte, der zudem eine junge Frau haben möchte, dann der schmachtende Liebhaber, seine quicke Geliebte und schließlich der Drahtzieher, der das Karussell der Intrigen in Schwung bringt. Andererseits Donizettis Musik, die, bei aller Brillanz, der italienischen Romantik zuzuordnen ist und daher mit großer Empfindsamkeit daherkommt. Der Moment, wo beides aufeinanderprallt, ist der, in dem Norina ihrem zu Schein angetrauten Mann, eben Don Pasquale, eine Ohrfeige gibt und im nächsten Moment erkennt, dass das jetzt endgültig zu viel gewesen ist. Bei der Aufführung am Landestheater für Vorarlberg arbeiten Beleuchtung (Arndt Rössler) und Regie diesen Kulminationspunkt wunderbar heraus. Und nicht zuletzt ist es die Musik, die in diesem Moment einen völlig neuen Ton anschlägt. Hier geschieht das, was seit Mozart in der Oper längst Gang und Gäbe war, nämlich dass die Figuren zu einer Entwicklung fähig sind und dass sie Menschen sind mit einem facettenreichen Charakter. In Donizettis Don Pasquale sind es außerhalb dieser Szene vor allem Typen. Da braucht es gute Darsteller, um diesen Leben einzuhauchen, und das passiert bei dieser Aufführung auf das Trefflichste. Da ist der Münchner Raphael Sigling in der Titelpartie, der allein durch einen Blick oder das Heben der Augenbraue das Publikum zum Schmunzeln bringt und der, trotz der Kalaschnikow im Büroschrank, so sympathisch ist, dass er einem dabei leid tut, wie ihm die anderen zusetzen. Sein Mündel Ernesto wird gegeben von Tamás Tarjányi. Er ist mehr Gymnasiast als Mann und dürfte mit der cleveren jungen Witwe Norina, die er schlussendlich bekommt, ganz schön überfordert sein – oft ist es ein lustiges Gedankenexperiment, was die Personen so einige Zeit nach dem Ende der Oper erleben würden. Norina wird gegeben von der attraktiven, höhen- und koloratursicher singenden Australierin Alexandra Flood, die wir am Kornmarkt schon als Blonde in Mozarts „Entführung aus dem Serail“ kennengelernt haben. John Brancy ist Dottore Malatesta, der Drahtzieher der Intrige. Man kann kaum behaupten, dass diese Handlung für uns heutige zeitgemäß ist. Aber dennoch ist, vor allem durch die fantastischen Sängerdarsteller, aber auch durch die ideen- und temporeiche Regie von Michael Schachermaier, ein sehr unterhaltsamer Abend entstanden, der aus der Situationskomik lebt. Und vor allem lebt dieser Abend von der Musik, die unter der Gesamtleitung von Karsten Januschke sprudelt, perlt und immer wieder melodienreich schmachtet. Das Symphonierochester Vorarlberg spielt vortrefflich, der Bregenzer Festspielchor, einstudiert von Benjamin Lack, singt blitzsauber und federnd und die Sänger, dieses fabelhafte Ensemble, spielen nicht nur mitreißend, sie singen auch so. Großer Jubel im Publikum
2 Comments