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Die Iberacademy und Selina Cuonz

Dornbirn Klassik flippte aus

Dieses Konzert war gedacht als Dankeschön an die Abonnenten, die während der Pandemie diverse Konzertausfälle und -verschiebungen hinnehmen mussten, und es wurde zum sommerlichen Freudenfest, das das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Das ermöglichte das fabelhafte Iberacademy Orchestra Medellin.

Hat das Abopublikum der Reihe Dornbirn Klassik je so gejubelt wie am Dienstagabend im Kulturhaus? Bei den beiden Lateinamerikanischen Zugaben flippte es schier aus, vereinzelt wurde sogar getanzt. Und temperamentvoll ging es auch schon im vorherigen Verlauf des Abends zu, aber auch hoch professionell. Denn das Iberacademy Orchestra Medellin ist ein Exzellenzorchester, dass sich der „vertieften und ganzheitlichen Entwicklung“ von Musikern widmet, über das universitäre Umfeld hinaus. Die beiden Mentoren dieses in Kolumbien beheimateten Orchesters sind Alejandro Posada, der in Wien ausgebildet wurde und dass Konzert in Dornbirn dirigierte, und auch der Geiger Roberto Gonzáles-Monjas, der bis vor kurzem das Musikkollegium Winterthur leitete. Finanziell gefördert wird die Iberacademy durch die Hilty Foundation in Liechtenstein, der nicht nur das Musikleben in Lateinamerika am Herzen liegt, sondern die auch Brücken schlägt zwischen den Kontinenten. So tritt das Medellin Orchestra etwa 2023 bei der Mozartwoche Salzburg auf, selbstverständlich mit Mozart. In Dornbirn spielte es hingegen ein Programm, das mit einem brandaktuellen Stück des Kolumbianers Juan David Osorio begann. Es beschrieb in farbiger, raffinierter Instrumentation und teils komplexen Rhythmen den Fluss Abajo – eine unverbrauchte und spannende Musik. Mit dem Harfenkonzert des 1916 geborenen Argentiniers Alberto Ginastera präsentierte sich die Schweizerin Selina Cuonz als virtuose Solistin, die dessen hohen Anforderungen scheinbar mühelos gewachsen war. In ersten Satz gingen ihre Klänge zuweilen in den orchestralen Fluten unter, im zweiten Satz und einer ausgedehnten Kadenz vermochte sie ganz und gar zu bezaubern.

Mit der Zweiten Symphonie von Pjotr Iljitsch Tschaikowski verbeugten sich die Kolumbianer vor dem ukrainischen Volk, denn der Vater des Komponisten stammte aus der Ukraine und der zweiunddreißigjährige Pjotr hat diese Symphonie dort während eines Familienbesuchs komponiert. Sie heißt deshalb die „Kleinrussische“, denn die Ukraine hieß damals „Kleinrussland“, was immer man daraus schließen mag. Die Kolumbianerinnen und Kolumbianer (letztere waren stark in der Mehrheit) jedenfalls spielten diese Musik frisch und knackig, die „russische Seele“ kam eher wenig zur Geltung – vielleicht interpretieren wir diese ja irgendwie aus Gewohnheit hinein, wer weiß.

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