Musikalische Mystik
Das Tallinn Chamber Orchestra unter seinem Chefdirigenten Risto Joost war am Mittwochabend zu Gast bei Dornbirn Klassik, zusammen mit der Münchner Geigerin Carolin Widmann. Im Zentrum standen Werke des aus Estland stammenden Arvo Pärt, dazu Mendelssohn und Korngold, durchwegs fabelhaft musiziert.
Arvo Pärt hat unter allen zeitgenössischen Komponisten der E-Musik die größte Bekanntheit. Sein von ihm selbst entwickelter, typisch einfacher Stil vermittelt für viele Menschen Spiritualität in Sinne einer Schlichtheit, die in die die Stille und Zeitentrücktheit führt – Pärt ist bekennender orthodoxer Christ. Gerade Musikkenner hinterfragen aber immer wieder auch diese vielleicht allzu offenkundige Spiritualität. Fest steht, dass Pärts Musik ihre Wirkung nur dann entfalten kann, wenn Pärts Kompositionen mit größter Intonationsreinheit gespielt werden. Und solches geschah am Mittwochabend im Dornbirner Kulturhaus: das Tallinn Chamber Orchestra unter der klaren Stabführung von Risto Joost erwies seinem Landsmann alle Ehre und interpretierte die Kompositionen „Cantus in memoriam Benjamin Britten“ und „Fratres“ – beide Werke sind 1977 entstanden – mit exemplarischer Genauigkeit und Hingabe. „Fratres“, das wohl berühmteste Werk Pärts, wurde hier in der Fassung für Solovioline und Streichorchester von 1991 gespielt, und in Dornbirn war die höchst eindrucksvolle Solistin Carolin Widmann. Wild aufgewühlt zu Beginn, gleichsam wie eine beunruhigte Seele, dann immer sanfter, war sie der Kontrapunkt zum stets ruhig schreitenden Streicherchor. Zwischen den beiden genannten Werken musizierte Widmann mit dem Orchester auf eine strahlend lebendige und energetische Weise das Violinkonzert in d-Moll von Felix Mendelssohn, das er bereits als 13jähriger schrieb. Vom Stück her weniger eindrucksvoll, jedoch sehr engagiert gespielt, beschloss Erich Wolfgang Korngolds „Symphonische Serenade“ das offizielle Programm. Gleich zwei Zugaben belohnten den herzlichen Applaus des Abopublikums.
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