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Corinna Scheurle: Oper ist Teamarbeit

Die junge Sängerin Corinna Scheurle ist in Vorarlberg aufgewachsen, als Tochter eines deutschen Vaters und einer ungarischen Mutter, die am Vorarlberger Landeskonservatorium in Feldkirch eine Professur für Klavier inne hat. Nach ihrem Bachelor an der Musikhochschule in Berlin und ihrem Master an der renommierten Bayerischen Theaterakademie August Everding in München durchläuft sie derzeit das auf zwei Jahre angelegte Opernstudio der Staatsoper unter den Linden in Berlin. Breitere Aufmerksamkeit erregte Corinna Scheurle 2014, als sie es im international gesehen wohl wichtigsten Gesangswettbewerb – er wird unter dem Titel Neue Stimmen in Deutschland ausgetragen – unter die ersten 18 schaffte, und das bei 1400 Bewerbern aus der ganzen Welt. In diesem Jahr ist sie die Stipendiatin des Richard-Wagner-Verbandes Vorarlberg.

Frau Scheurle, was bedeutet Ihnen das Wagner-Stipendium?

Ich wusste von diesem Stipendium und habe mich darum beworben. Im letzten Jahr in Berlin habe ich entdeckt, wie toll Wagner ist, denn er wird an der Staatsoper unter den Linden viel gespielt – der musikalische Chef Daniel Barenboim ist ja ein ausgewiesener Wagnerspezialist. In Bayreuth war ich noch nie und bin sehr neugierig drauf, es muss ja nochmals einen ganz eigene Welt sein. Für mich als lyrischer Mezzosopran stehen natürlich die Partien Wagners nicht im Vordergrund, jetzt noch nicht, vielleicht in einigen Jahren.

Welche Opern werden Sie in Bayreuth besuchen?

In Bayreuth werde ich drei Opern erleben: Parsifal, Der fliegende Holländer und Lohengrin. Besonders auf den letzteren freue ich mich sehr, denn da wird Piotr Bezcala die Titelpartie singen, nachdem Roberto Alagna abgesagt hat. Bezcala schätze ich sehr, er hat seine Karriere langsam aufgebaut und eine Menge weiser Entscheidungen getroffen.

Sie selbst sind jetzt sechsundzwanzig Jahre alt und haben schon Beachtliches erreicht. Wie gehen Sie ihre Karriere an?

Ich gehe mit dem Flow. Ich hätte anstelle des Opernstudios in Berlin auch in das Ensemble einer größeren deutschen Bühne gehen können, mit Hauptpartien. Ich habe mich für Berlin entschieden, da ich diese Stadt sehr liebe. Es war also eine Bauchentscheidung, die ich nicht bereue, denn ich habe mich in Berlin sehr gut entwickeln können.

Wie muss man sich Ihre Arbeit am Opernstudio vorstellen?

Neben dem Studium von Partien unseres Repertoires haben wir alle sehr viel zu tun mit kleineren und mittleren Rollen am Haus. In der letzten Saison habe ich unter anderem die Zweite Dame in der Zauberflöte gesungen, die Annina in La Traviata oder das Sandmännchen in Hänsel und Gretel. Im nächsten Jahr erwartet mich eine  besondere Aufgabe in der Oper Kopernikus des 1948 geborenen Claude Vivier. Es wird eine Studioproduktion sein, in der ich für die Hauptrolle besetzt bin. Übrigens habe ich die Zweite Dame in der Zauberflöte auch gerade bei den Festspielen in Baden-Baden gesungen.

Als junge Sängerin haben Sie sicher die eine oder andere Traumrolle

Natürlich! Alles, was es für mein Stimmfach von Mozart gibt, auch die Messen übrigens, dann Händel und auch Rossini. Und selbstverständlich der Oktavian im Rosenkavalier von Richard Strauss…

…..für den sie ja schon aufgrund ihrer hohen, schlanken Erscheinung wie geschaffen sind!

Das sagen mir Viele (schmunzelt).

Wie geht es Ihnen mit dem heutigen Opernbetrieb als junge Sängerin? Reden wir vielleicht zuerst über das vieldiskutierte Regietheater.

Ich mag moderne Regie, wenn sie einen Sinn ergibt. Oper kann ja sein wie ein Schauspiel mit wahnsinnig guter Musik. Opernsänger sind genauso Schauspieler. Mir selbst ist es sehr wichtig, dass der Sänger, wenn er auf der Bühne steht, glaubwürdig ist. Wenn er nur Operngesten abliefert, kann er noch so schön singen – es berührt mich nicht. Vielleicht gibt es Menschen, denen nur der Gesang wichtig ist, und es gibt auch Regiekonzepte, die nur wenig Spiel erfordern. Nur rührt ja der schlechte Ruf der Oper unter anderem von diesen stereotypen Abläufen her, und das ist schade.

Die andere Frage bezüglich des heutigen Opernbetriebs: Viele große Häuser setzen ja auf durchreisende Stars. Die Vorstellungen werden wenig geprobt, und es gibt immer weniger fest engagierte Sänger. Wie sehen Sie das?

Den Ensemblegedanken finde ich wunderbar, doch leider nimmt diese Kultur ab. Oper ist kein Einzelkampf, sondern Teamwork. Wenn man mehrere Wochen zusammenprobt, stellt sich eine Verbindung ein, eine Energie. So etwas braucht Zeit, es kann nicht schnell kommen. Und diese Energie teilt sich dem Publikum mit, aber sie ist wichtig zwischen den Sängern auf der Bühne, sie soll fließen zwischen der Bühne, dem Dirigenten und dem Orchester. Das wäre eine wohltuende, gesunde künstlerische Arbeit, die leider nicht mehr so häufig ist.

Besten Dank für das Gespräch!

 

 

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