„Auftakt zum Spektakel“, titelte eine heimische Zeitung zu Beginn der Bregenzer Festspiele. Am Vormittag der Seebühnenpremiere habe ich mich darüber echauffiert, denn ein Opernfestival „Spektakel“ zu nennen, schien mir unpassend. Doch es ist richtig, die Neuproduktion des „Rigoletto“ von Giuseppe Verdi“ am See lebt von den optischen Effekten, die die zweifelllos sensationelle Technik dieses Bühnenbildes liefert. Rigoletto ist durch seine kaum nachvollziehbare Handlung an sich schon ein problematisches Stück. Regisseur Philipp Stölzl hat kaum etwas dazu beigetragen, es schlüssiger zu machen, ganz im Gegenteil. Es blieb also „Spektakel“. Nein, nicht ganz, denn es gibt die sängerisch hervorragenden Protagonisten.
Das Beste dieses Abends war das Wetter, das man sich stimmiger nicht wünschen konnte. Der milde Sommerabend vergoldete diese Aufführung, die ganz sicher nicht als eine der gelungenen in die Annalen der Bregenzer Festspiele eingehen wird. Regisseur Philipp Stölzl und sein Team haben die Handlung um den Hofnarren eines Herzogs der Renaissance in eine eher heutige Zirkuswelt verlegt. Der übergroße Kopf eines Clowns ist ja seit längerem am See zu sehen. Er ist zur Freude von Technikfreaks während der Aufführung erstaunlich wandlungsfähig, verliert die Augen, als man dem Rigoletto die seinen verbindet, und als Rigoletto seine sterbende Tochter Gilda beweint, strömen Wassermassen aus den Augenhöhlen. Ist er also ein Pedant zur Titelfigur? Vielleicht doch mehr, denn dieser Kopf hat etwas sehr Kindliches und ist vielleicht auch in Beziehung zu sehen zu Gilda. Ein weiteres markantes Element des Bühnenbildes ist der große Fesselballon, in dessen Korb Gilda bei ihrer Arie „Caro nome“ hochschwebt, und noch viel weiter steigt der Korb mit ihre Seele, als sie am Ende stirbt. Das sind eindrucksvolle Bilder, aber sie tragen nicht das Stück. Denn ansonsten ist die Szene ausgefüllt von allerhand Gestalten, Zirkuspersonal eben, die kaum Fernwirkung haben und deren ständiges Gewusel im Verlaufe der Handlung immer mehr langweilt und nervt. Ausgerechnet bei der berühmtesten Musiknummer dieser Oper „La donna è mobile“ gibt es ein Luftballett von vier Frauen, das einfach nur geschmacklos ist. Die Regie unterlässt eben jegliche Stellungnahme zu dieser problematischen Geschichte, zeichnet Gilda noch einfältiger, als diese Figur von Haus aus ist und findet null kritische Ansätze zu den Machofiguren des Stücks, dem Herzog und dem Rigoletto. Die erfreulichere Seite der Aufführung wäre die Musik, wenn die gepriesene neue Tontechnik denn durchwegs funktionieren würde. Dirigent Enrique Mazzola führt agogisch und solide, und die beiden Hauptpartien Gilda und Rigoletto werden von Mélissa Petit und Vladimir Stoyanov bewunderungswürdig schön gesungen. Auch der Herzog von Stephen Costello entwickelt im Verlaufe des Abends eine beachtliche stimmliche Präsenz. Und von gewohnt hoher Qualität sind die Leistungen der Wiener Symphoniker, des Prager Philharmonischen Chors und des Bregenzer Festspielchors.
Foto: Bregenzer Festspiele Anja Koehler
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