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Bregenzer Mesiterkonzerte: Schottisches Nationalorchester geizt nicht mit Klangpracht

 

 

In diesen Tagen, wo die Öffentlichkeit wegen der Hochzeit von Prinz Harry und Meghan Markle aufs englische Königshaus blickt, breitete sich am Mittwochabend auch im Bregenzer Festspielhaus der Royale Glanz aus. Denn das Royal Scottish National Orchestra brachte nicht nur ein Dirigentenpodium mit dickem goldenen Geländer mit, es vermochte auch musikalisch zu begeistern. Schon bei den ersten Klängen der Sea Interludes von Benjamin Britten zeigte sich, dass man es hier mit einem hochkarätigen Orchester zu tun hatte. Unter ihrem Chef Peter Oundjian, einem Dirigenten mit armenischem Vater und englischer Mutter, der in Kanada geboren und aufgewachsen ist, begegneten die Schotten auf höchst differenzierte Weise den Klang- und Seelenlandschaften dieser vier Stücke aus der Oper Peter Grimes. Es ist eine absolut großartige Komposition, die, ohne epigonal zu sein, in der Klangwelt der Spätromantik und der von Gustav Mahler wurzelt, aber auch hinausweist auf die von Olivier Messiaen. Eindeutiger Höhepunkt des Konzertes war aber Beethovens Tripelkonzert, vor allem auch wegen des faszinierenden und kaum zu überbietenden Solistentrios. Im Mittelpunkt dieses Werks steht das Violoncello, äußerst tonschön gespielt von Jan Vogler.

Mit ihm im zauberhaftesten Zusammenspiel konzertierend erlebte man die attraktive Geigerin Nikola Benedetti, und am Klavier Martin Stadtfeld, dem schon durch die Komposition, die seinen Part relativ leicht spielbar gestaltete, eine Sonderrolle zufiel. Der schlaksige Deutsche, der vor allem in seinen Anfängen immer wieder mit Glenn Gould verglichen wurde, sitzt auf einem auffällig tiefen Hocker und fällt durch seine Pedalbehandlung auf. Nicht nur, dass er sein Spiel mit einer Art Tremolo des rechten Fußes begleitet, er tut das auch in seinen Pausen immer wieder. Das macht durchaus Sinn, wenn man weiß, dass die Saiten eines Flügels auch schwingen, wenn Klänge von außen kommen, also in diesem Falle von den anderen Solisten und dem Orchester. Diese drei aufregenden Solisten und das Orchester unter Peter Oundjian brachten viel Licht in den bei anderen Aufführungen oft unübersichtlichen ersten Satz, sie sangen das Largo wunderschön aus und wussten die zündende Energie des Rondo alla Polacca in hohem Masse freizusetzen. Nicht ganz auf diesem Niveau gelang dann die Vierte Symphonie von Johannes Brahms. Zwar wurde die Partitur getreu umgesetzt, aber der Funke sprang nicht mehr derartig über wie bei den beiden Programmpunkten vor der Pause. Insbesondere der letzte Satz, eigentlich die Krönung des Werkes, kam in seiner umfassenden Architektur nicht wirklich zur Geltung. Es stellt sich wieder einmal die Frage, ob es eine musikalische Muttersprache gibt, denn irgendwie fehlte der Interpretation sowohl die norddeutsche Herbheit – Brahms war Hamburger, als die darin doch immer wieder aufblitzende österreichische Gemütlichkeit (dieses deutsche Wort hat übrigens Eingang in die englische Sprache gefunden), denn Brahms hat die meiste Zeit seines Lebens in Wien verbracht. Bei den beiden Zugaben nämlich, einem Walzer des Armeniers Katschaturian und einem schottischen Traditional, gingen die Wogen der Musizierfreude bei Dirigent und Orchester schließlich doch noch einmal hoch.

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