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Bachs Matthäuspassion bei den Montforter Zwischentönen

 

Was in Deutschland gang und gäbe ist, ist im katholischen Österreich abseits der Metropolen immer noch eine Seltenheit, nämlich die Aufführung der Passionen Johann Sebastian Bachs in der Zeit vor Ostern – warum das so ist, wäre ein, wenn auch theologisch eher tief schürfender, Beitrag zu aktuellen Debatte um den Karfreitag.

Die Montforter Zwischentöne haben nun in Feldkirch Bachs Matthäuspassion dargeboten – musikalisch sehr gut, vom Konzept her aber nicht durchwegs überzeugend.

Denn ein musikalisches Werk ohne Drumherum aufzuführen, geht für die künstlerischen Leiter der Montforter Zwischentöne, Hans-Joachim Gögl und Folkert Ude, offenbar nicht. Bei Bachs Matthäuspassion allerdings hielten sie sich respektvoll zurück – die Musikfreunde im Publikum dankten es. Es fragt sich zuerst einmal, ob es wirklich notwendig für das Verständnis des Werkes ist, vor dem Konzert durch eine Raum geschleust zu werden, in dem Video-Interviews über das Ausgegrenzt sein beziehungsweise das Mobbing liefen? Und musste man wirklich, um die Musik interessant zu finden, die ewig gleichen paar Choristen in Großaufnahme an der Bühnenrückwand sehen? Zudem hat die Matthäuspassion ungleich mehr zu sagen als die, wenn auch erschütternden Geschehnisse aus der Nazizeit, die Historiker Meinrad Pichler zwischen dem ersten und dem zweiten Teil erzählte, da, wo bei der Uraufführung der Passion beim Karfreitagsgottesdienst des Jahres 1727 die Predigt war. Damit ist bereits der eher befremdliche Teil der Aufführung am Samstag genannt, von der es im Weiteren nur Erfreuliches zu berichten gibt. Dass etwa alle Sänger, Chor wie Soli, in Alltagskleidung agierten und, im Falle der Soli, gleichsam aus dem Publikum kamen, so als agierten sie als Teil der Allgemeinheit. Und dass das Publikum die Möglichkeit hatte, den zentralen Choral des Werkes „Wenn ich einmal soll scheiden…“ mitzusingen. Dies und einiges mehr zeigt, dass der musikalische  Leiter der Aufführung, Benjamin Lack, sich doch sehr eingehend mit dem ungemein komplexen Opus summum Johanns Sebastian Bachs auseinandergesetzt hat. Das spürte man an vielen weiteren Stellen, wenn etwa bedeutungsreiche Harmonien herausgearbeitet wurden, oder auch klangrhetorische Gesten, wie etwa das Auseinanderstieben der Schafe („die Schafe der Herde werden sich zerstreuen“), das die Streicher des Barockorchesters „Concerto Stella Matutina“ so sinnfällig spielten. Das Orchester wie auch der Kammerchor Feldkirch waren, wie es das Werk verlangt, doppelchörig plaziert, und beide musizierten beziehungsweise sangen bestens, wenn gleich klanglich noch Luft nach oben gewesen wäre, doch das mag auch an der vieldiskutierten Akustik des Montforthauses liegen. Auch die sechs Solisten des Konzertes überzeugten. Es waren Miriam Feuersinger, Sopran, Margot Oitzinger, Alt,  Georg Poplutz, Tenor und Matthias Helm, Bass. Zwei Sonderrollen hatten Dominik Wörner als Christus und Daniel Johannsen, der einen ungemein spannenden, dramatischen Evangelisten von Weltformat aufs Feldkircher Podium brachte. Das Publikum zeigte zwar mit seinem rasch einsetzenden Beifall wenig Ergriffenheit (wieder Stichwort Karfreitagsdebatte!), lohnte aber dann die Leistung der Ausführenden mit Standing Ovations.

 

(Foto Montforter Zwischentöne Matthias Rhomberg)

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