Innerhalb einer Woche waren in die Region zwei Theaterstücke zu sehen, die unterschiedlicher nicht sein können. Es verbindet sie aber, dass sie beide im Olymp des deutschsprachigen Theaters, dem Burgtheater Wien gezeigt werden beziehungsweise wurden. Gemeint ist einerseits „Der große Marsch“ des jungen deutschen Autors Wolfram Lotz (1), andererseits Johann Wolfgang von Goethes „Hermann und Dorothea“ (2). Der lebende Autor Lotz will mit aller Kraft aktuell sein, lässt einem aber eher ratlos zurück. Der historische Dichter schuf mit seinem Epos ein zur Entstehungszeit, 1797, aktuelles Werk, und es ist bis heute aktuell. Dass Goethes Sprache der von Lotz turmhoch überlegen ist, braucht eigentlich nicht erwähnt werden.
Goethes „Hermann und Dorothea“ in Schaan
Im Deutschunterricht haben wir gelernt, dass Goethes „Hermann und Dorothea“ ein Versgedicht in Hexametern ist. Wie zauberhaft dieser Text ist, und wie aktuell dazu, das zeigte eine szenische Version von Alfred Kirchner, die als Gastspiel des Burgtheaters Wien in Schaan gezeigt wurde.
Es ist eine exemplarische Aufführung von Goethes Meisterwerk, die das Burgtheater Wien bei seinem traditionellen Gastspiel an das TaK Schaan mitgebracht hat. Und eine ungewöhnliche und sehr poetische dazu. Dem einerseits minimalistischen Zugang steht eine Bühne mit einem Gemälde aus der Goethezeit, eine Szene aus „Hermann und Dorothea“ darstellend, gegenüber, dazu gibt es Blumenkränze und die Totenmaske des Agamemnon. Letztere weisen auf die Anbindung des Versgedichts an Homer und die neun Musen hin. Weiters gibt es viele kleine Lichter, die am Ende ins Publikum gereicht werden und durch die man sich an eine der Demos für Menschlichkeit erinnert, wurde doch diese Produktion 2016 unter dem Eindruck der Flüchtlingswelle geschaffen. Und dann sitzen ganz schlicht an zwei Tischchen die beiden Schauspieler Maria Happel und Martin Schwab. Man identifiziert sie mit dem Liebespaar Hermann und Dorothea, obwohl sie nicht mehr die Jüngsten sind. Berührend ist das, vor allem dann, wenn Maria Happel am Klavier aus Mikis Theodorakis‘ beziehungsweise Pablo Nerudas „Canto general“ singt und Martin Schwab ihr dabei einen der Blumenkränze auf das Haar drückt. Die Musik spielt bewusst eine große Rolle in dieser Inszenierung, denn, so findet der Regisseur, das Versmaß des Hexameter ist mit seinem Dreier-Rhythmus an sich musikalisch.
1 Comments