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Beethovens Fidelio am Landestheater Vorarlberg: Ein Gespräch mit Sopran Susanne Bernhard und Regisseur Henry Arnold

 

Im Februar kommt am Vorarlberger Landestheater Ludwig van Beethovens einzige Oper „Fidelio“ in den Spielplan. Im Vorfeld lädt das Theater traditionsgemäß zu einer Probe im Beisein der Presse, zudem hatte ich die Gelegenheit, mit der Sängerin der Leonore, Susanne Bernhard, sowie dem Regisseur Henry Arnold das folgende Gespräch zu führen. Herr Arnold ist Schauspieler, Musiker und Regisseur. Im Gespräch bezeugt ihm Susanne Bernhard beste Kenntnisse als Pianist. „Neulich hat er bei der Probe meine Arie begleitet“.

Frau Bernhard, singen Sie zum ersten Mal die Partie der Leonore?

SB: Ich habe sie einmal schon gesungen, in einer halbszenischen Version.

Die Partie gilt ja als sehr schwer, man sagt, Beethoven hätte nicht sehr gut für Stimmen geschrieben.

SB: Alles, was man singt, hat seine spezifischen Schwierigkeiten, wenn man es gut machen will. Aber es stimmt, die Leonore ist schon sehr schwierig, nämlich die Tessitura (der für diese Partie geforderte Stimmumfang, Anm.), und der Umstand, dass in der Höhe oftmals geschlossene Vokale vorkommen. Und es gibt immer wieder Passagen, in denen man kaum zur Entspannung kommt.

Auf Ihrer Webseite habe ich gesehen, dass Sie sehr viele Konzerte singen.

SB: Ich singe mehr Konzerte als Oper, zum Beispiel werde ich immer wieder für das Requiem von Verdi angefragt.

Wie schätzen Sie die akustischen Verhältnisse im Theater am Kornmarkt ein?

SB: Wir haben bis zum 19. Januar nur im Theater Kosmos geprobt und nicht im Kornmarkt, aber es scheint mir, dass die Akustik des Hauses nicht trocken ist, worüber ich froh bin. Und die Verhältnisse in diesem Theater sonst sind sehr angenehm, ich habe bisher nur nette Leute kennengelernt.

HA: Kann ich sofort bestätigen!

Herr Arnold, es herrscht ja die landläufige Meinung, dass die Oper „Fidelio“ dreigeteilt ist. Zuerst eine Art Singspiel im Haus des Rocco, dann die Szenen im Kerker und dann das utopische Schlussbild. Ist dieses Schlussbild für Sie Realität oder Utopie? Bei der Probe im Dezember hatte ich den Eindruck, dass sie von Anfang an surreale Elemente mit einbauen. Liege ich da falsch?

HA: Da liegen sie teilweise richtig. Am ehesten trifft es wirklich beim Schluss zu. Hier wird das Freiheitsideal verwirklicht und es entsteht die Vision einer Welt, ohne Hass, eine Welt der Liebe und des gegenseitigen Verständnisses und Respekts. Jede Utopie, so wie das Wort ja schon sagt, beschreibt keine reale Welt, sondern sie geht über die reale Welt hinaus. Und das wollen wir hier auch so sehen. Ohne aber, und das ist wesentlich, diese Utopie in Frage zu stellen oder zu desavouieren, das wäre mir auch viel zu einfach. Wir nehmen das schon ernst, aber wir wollen das als Utopie kenntlich machen, als eine Welt, die in der Realität nicht zu finden ist und auch nie zu finden sein wird.

Sie haben ja einen ganz besonderen Umgang mit dem Text. Er wird eingespielt, und die Darstellerinnen du Darsteller sprechen mehr oder weniger leise dazu.

Henry Arnold

HA: Das, was Sie bei der Probe im Dezember gehört haben, war noch stark in der Probephase, mit einer provisorischen Einspielung. Richtig proben können wir das erst, wenn wir im Haus sind. Die Idee ist, auch in diesen Dialogen in der Innenwelt der Figuren zu bleiben, in ihren Gedanken und Empfindungen.

Geht dieser besondere Umgang mit dem Text durch das ganze Stück?

HA: Es geht durch das halbe Stück. Solange wir in der Oberwelt sind – bezogen auf diese Dreiteilung, machen wir das. Unten, in der Abgeschiedenheit des Kerkers, verbietet es sich schon allein durch das Melodram, das sprechen die Sänger dann richtig. Natürlich kürzen wir den ursprünglichen Dialog stark.

Es gibt ja Inszenierungen, die den Dialog überhaupt weglassen.

HA: Auch das gibt es. Es gibt viele Beschreibungen, die der Oper „Fidelio“ als dramatischem Entwurf sehr skeptisch gegenüber stehen.

Sie glauben an das Stück?

Ja!!! Ich glaube sowohl an diesen utopische Gedanken, als dass mich die Fragestellung bewegt, was Freiheit ist, was Unfreiheit. Das ist auch wahnsinnig aktuell, ganz abgesehen von dieser unglaublichen und aufregenden Musik, die Beethoven da komponiert hat. Und dann sehe ich diese, wenn Sie so wollen, Dreiteilung des Werkes nicht negativ, denn man kann diese ersten Nummern, dieses angeblich biedermeierliche Singspiel, nicht trennen vom Folgenden. Thematisch durchgehend gibt es den Begriff der Hoffnung, der kommt schon in der Arie der Marzelline vor, und dann bei Leonores großer Arie. Also es ist keineswegs am Anfang kleinbürgerlich und dann wird es groß, es hat alles  mit einander zu tun. Es gibt nur eine Welt.

Frau Bernhard, sie legen ja im Schlussbild ihre Männersachen ab und ziehen ein Kleid an.

SB: Vorher auch schon, wenn ich das richtig verstanden habe.

HA: Hast Du! (lacht)

SB: Wenn ich alleine bin, nicht unter Beobachtung stehe, dann kann ich ja ein Kleid tragen.

Es soll ja eine wahre Geschichte sein?

HA: Eine Geschichte, der eine wahre Begebenheit ganz entfernt zu Grunde liegt.

SB: Angeblich.

HA: Jede Form von Kunst ist eine Transformation.

Sehen sie das auch in der spirituellen Ebene? Utopie hat doch auch mit Metaphysik zu tun?

HA: Nun, was da entworfen wurde, steht ja in unmittelbarem Zusammenhang mit den Idealen der französischen Revolution, in deren Umfeld die Oper ja auch entstanden ist, also ist diese Utopie eher gesellschaftspolitisch als metaphysisch. Aber sobald wir über den Begriff der Freiheit nachdenken, berühren wir den Bereich der Philosophie und der Metaphysik.

Vielen Dank für das Gespräch und toitoitoi!

 

 

 

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