Jedes Jahr im Oktober tritt das Musiktheater Vorarlberg in Götzis mit einer Produktion ins Rampenlicht. Im Dreijahresrhythmus wird abwechselnd Oper, Operette und Musical gezeigt. Letzteres ist mit Frederik Loewes „My fair Lady“ in diesem Jahr angesagt, in einem Jahr kommt Mozarts Oper „Die Zauberflöte“.
Tolle Musik bei unzeitgemäßer Handlung
Die Songs „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühn“, „Ich hätt‘ getanzt heut Nacht“, oder „Mit nem kleinen bisschen Glück“ kennt jeder. Sie sind beliebt, sind sehr gute Musik und Grund genug, das Musical „My fair Lady“, komponiert von Frederik Loewe, zur Aufführung zu bringen. Deutlich anders ist das mit dem Text von Alan Joy Lerner. Nach Bernard Shaws „Pygmaleone“ verfasst, tut man sich heute schwer mit dem dort gezeichneten Frauenbild wie auch mit dem Umgang von Mann und Frau miteinander. Kein Wunder, „“My fair Lady“ wurde in New York zur Zeit der berüchtigten McCarthy-Ära uraufgeführt, und die Abhängigkeit der Frauen von einem Mann war zu damals Gang und Gäbe. Das andere Thema in diesem Musical ist das der sozialen Schichten und diese in Verbindung mit dem Dialekt. Dieser hat heute eine völlig andere Wertigkeit, ist in Zeiten der Globalisierung eher ein Zeichen der Zugehörigkeit und des Miteinanders, ganz besonders hier in Vorarlberg. Regisseurin Maria Kwaschik hat dazu einen besonderen Gedanken: „Es ist ein Unterschied, ob man sich sowohl in der Hochsprache als auch dem Dialekt ausdrücken kann oder ob man nur den Dialekt beherrscht“.
Eliza Doolittle, eine Straßenkünstlerin (Sabine Winter), kann aber nur den Dialekt, und hier in der Fassung für das mtvo ist es der Vorarlbergische bezeihungsweise der Dialkt aus dem Kleinen Walsertal, wo Sabine Winter herstammt. Der Sprachforscher Henry Higgins (Riccardo Di Francesco) schließt mit seinem Freund Pickering (Reinhard Razen) eine Wette ab, dass er dieses Mädchen eben mittels des Erlernens der Hochsprache zu einer Dame machen kann. Das gelingt, doch Eliza stürzt in eine Identitätskrise. Vom eigenen Blumenladen, den Higgins ihr versprochen hat, ist nicht mehr die Rede, nur noch von einer Heirat. Es scheint, dass Higgins der Auserwählte ist, obwohl er sich zuvor denkbar schlecht, inklusive Schimpfwörtern, zu ihr benommen und sie Mordphantasien gegen ihn gehegt hat. Regisseurin Kwaschik lässt den Schluss offen, wofür man ihr dankbar ist. Tatsächlich stören diese Gedanken, zumal wenn man ein kritischer Geist ist, den Genuss der Aufführung, der eigentlich ziemlich hoch ist. Da ist zuerst einmal die Musik, vom Orchester der mtvo unter dem Dirigat von Michael Mader sehr gut gespielt und von allen Beteiligten gut gesungen, wenngleich natürlich auf verschiedenem Niveau, von der Naturstimme des Alfred Doolittle (Stefan Hamm) bis zum fast ein wenig zu opernhaftem Gesang von Eliza Sabine Winter. Ein Sonderlob gilt dem Chor, einstudiert von Darina Naneva. Maria Kwaschik hat eine gutgelaunte Regie präsentiert, mit feinen Ideen, die den Möglichkeiten des Hauses mit viel Fantasie Rechnung tragen, und mir durchaus stimmungsvollen Szenen, unterstützt von Kostümbildnerin Nicole Wehinger und Isabelle Kaiser, Bühnenbild. Verbesserungsfähig wäre der Dialog, der auch auf einem guten Platz oft schwer verständlich ist. Allen Darstellerinnen und Darstellern sei für ihre tollen und engagierten Leistungen Rosen gestreut, Jede und jeder war auf ihre beziehungsweise seine Weise großartig. Das honorierte auch das Publikum mit lebhaftem Applaus.
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