Seit dreißig Jahren ist Cecilia Bartoli, Top-Star der Klassik-Szene, dem Opernhaus Zürich verbunden. Zum ersten Mal ist sie nun in einer Inszenierung des Hausherrn Andreas Homoki zu erleben, dazu in einer Partie, die sie schon lange gewünscht hat: Glucks „Iphigenie in Tauris“. Die Titelpartie dieser 1779 in PAris uraufgeführten Oper ist mit ihrer Tessitura, die zwischen Mezzosopran und Sopran angesiedelt ist, wie geschaffen für Cecilia Bartoli. Und tatsächlich ist es die reine Freude, ihrem besonderen Timbre und ihrer so geschmackvollen, nuancenreichen Linienführung zu lauschen.
Die Opern Christoph Willibald Glucks kommen nun dankenswerterweise wieder vermehrt in die Spielpläne, nachdem sie längere Zeit als zu streng, ja langweilig galten. Als Gegenreaktion zum damals ausufernden Barockstil in den Jahren nach 1760 geschaffen, sind sie in der Tat von kaum zu überbietendem klassischen Ebenmaß. In seiner aktuellen Inszenierung der „Iphigenie auf Tauris“ potenziert Andreas Homoki diese Strenge noch. Die Bühne ist überwiegend schwarz (Ausstattung Michael Levine), selten dringt ein hoffnungsvoller Lichtstrahl in diese düstere Welt der Priesterinnen, die auf Geheiß des paranoiden Königs Thoas jeden Eindringling töten müssen. Es gibt auch kein Ballett, wie in anderen Produktionen dieser Oper immer wieder üblich. Auch Starsängerin Cecilia Bartoli ordnet sich dieser Schlichtheit unter, trägt dasselbe, freilich sehr schöne schwarze Kostüm wie die Choristinnen. Und es ist der Chor, der neben der Bartoli mit vielen wunderbaren Gesängen für sich einnimmt, quasi als zweiter Star des Abends, einstudiert von Janko Kastelic. Im jubelnden Schlussbeifall werden aber auch die beiden Männerstimmen des Oreste von Stéphane Degout und des Pylades von Frédéric Antoun zu Recht gefeiert, dazu der Dirigent Gianluca Capuano, der mit dem Orchestra La Scintilla diese Partitur im Spannungsfeld zwischen klassischen Ebenmaß und beredtem Ausdruck begeisternd deutet. Die blutige Vorgeschichte des fluchbeladenen Atridengeschlechtes wird mit weiß gekleideten, stummen Darstellern erzählt. Eine davon ist Klytämnestra, die Mutter von Iphigenie und Oreste. Und in der Deutung von Andreas Homoki ist sie es, die am Ende den Fluch löst und Oreste befreit, nicht, wie im Original der Oper, die Göttin Diana. Noch bis Ende Februar ist diese Produktion im Spielplan, aber ab dem 16.2. übernimmt Brigitte Christensen die Titelpartie.
Foto Opernhaus Zürich: Iphigenie (Cecilia Bartoli) mit Oreste als Kind
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