In der Pfarrkirche von Weiler in Vorarlberger Rheintal hat der Dirigent und Mentalcoach Stefan Susana ein kleines Festival eingerichtet.
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Seit einigen Jahren gibt es den „Weiler Herbst“, initiiert und getragen von Stefan Susana und von der Pfarre und der Gemeinde dieses Ortes im Vorderland sowie weiteren Sponsoren großzügig unterstützt. Stefan Susana ist Cellist, Dirigent und Akademischer Mentalcoach. Er arbeitet mit vorwiegend jungen Musikern, die spieltechnisch und musikalisch hervorragend sind. Doch was nützt das, wenn man etwa unter übermäßigem Lampenfieber oder ähnlichem leidet, oder wenn man zu sehr im Kopf beziehungsweise in den Noten verharrt und sich schwer tut, in den Flow zu kommen. Denn dieser ist notwendig, dass eine Interpretation, eine Aufführung ein rundes Ganzes wird, dass die Zuhörer die Musik erleben und nicht eine Abfolge von Tönen. Um diesen Flow zu spüren, hat Stefan Susana für sich asiatische Kampfkunstarten, etwa Kung Fu, entdeckt und sie verinnerlicht, um sie nun an seine StudentInnen weiterzugeben. Essenziell dabei ist der Umgang mit dem Chi, der allumfassenden Energie.
Beethovens Musik ist ganz besonders intensiv verbunden mit der allumfassenden Energie, und so hat Stefan Susana nun schon mehrere Konzerte diesem Komponisten gewidmet, so auch die aktuellen im Weiler Herbst 2025. Nach einem Kammerkonzert am Dienstag mit verschiedenen Komponisten fokussierte man sich bei den Orchesterkonzerten am Mittwoch und Donnerstag voll auf Beethoven, nämlich seinem Violinkonzert und seiner Vierten Sinfonie. Beide sind im Jahr 1806 entstanden, aber in ihrer Art denkbar unterschiedlich, was Dorit Wocher bei ihrer Werkeinführung betonte. Der Solopart des Violinkonzerts Opus 61 in D-Dur war Pawel Zalejski anvertraut, der einfach wunderbar spielte. Jeder Ton dieses komplexen Werkes war beseelt, Pawel Zalejski flüsterte mit seiner Geige, er ließ sie singen und jubeln. Und in der Kadenz des ersten Satzes ließ er sie fast jazzen, sodass die Köpfe der Orchestermusiker im Takt mitwippten. Und nicht nur einmal zauberte er ein Lächeln auf ihre Gesichter. Pawel Zalejski ist Primarius des weltweit tätigen und preisgekrönten Streichquartetts „Appolon Musagète“ und war mehrere Jahre Konzertmeister des Symphonieorchesters Vorarlberg. Für den frenetischen Beifall des Publikums bedankte er sich mit einem Adagio von Bach.
Die Vierte Sinfonie Opus 60 in B-Dur von Beethoven ist ein über weite Strecken duftiges Werk. „Eine schlanke griechische Maid“ nannte Robert Schumann sie: Hier in der akustisch natürlich sehr präsenten Kirchenraum geriet sie allerdings eher saftig und kräftig. Musizierfreude und Schwung rissen da wohl die Musikerinnen und den Dirigenten mit, und da spürte man, dass der Flow auch gezügelt sein will. Während zuvor bewundernswert präzise musiziert wurde, schlichen sich nach den zwei pausenlosen Konzertstunden in den letzten Sätzen doch auch ein paar Ungenauigkeiten ein. Und sicher ging es vielen Leuten im Publikum ähnlich wie mir: es tat einem irgendwann alles weh von den harten und unbequemen Kirchenbänken. Dennoch ein großer Konzertabend!
Foto: privat
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