Eine beispielhafte Aufführung von Georg Friedrich Händels Messiah bescherte das englische The King’s Consort dem Vaduzer Publikum.
„Comfort Ye, my people“ – „tröstet mein Volk“, singt der Tenor nach der düsteren instrumentalen Einleitung. Das hört man gern, das tut gut, denn schließlich hat jeder und jede von uns etwas, worin er oder sie getröstet werden braucht. Man lässt sich gerne trösten von der Musik und auch von diesen Klängen und Worten. Denn wenn diese auch samt und sonders aus der Bibel stammen, so sind sie so gewählt, dass sie in ihrer Metasprache auch Menschen erreichen, die nicht dezidiert christlich sind, zumal Händels Musik sowieso über jegliches konfessionelle oder religiöse Besserwissertum erhaben ist. Und erhaben im schönsten Sinne kann man auch die Interpretation durch das King‘s Consort nennen. Dieses englische Ensemble hat wenig zu tun mit dem Royals, vielmehr ist es benannt nach seinem Gründer und Leiter Robert King. Und obwohl es vor allem Barockmusik macht, findet man seinen Namen auch auf dem Abspann von bekannten Filmen etwa The Da Vinci Code. Händels Messiah, das Herzstück seines Repertoires, hat die kleine, feine Truppe und das erlesene Solistenensemble tags zuvor in Wien gegeben, am Montagabend eben in Vaduz, um dann weiter zu reisen nach Antwerpen und in die Elbphilharmonie Hamburg. Und es ist nicht übertrieben, dass The King’s Consort für dieses Programm derart herausragende Spielorte hat, denn seine Interpretation ist an Qualität, Klangpracht, Aussagekraft und Spiritualität schwerlich zu überbieten. Das der Originalpartitur entsprechend klein besetzte Orchester phrasierte nach allen Regeln der barocken Rhetorik, jedoch nie dogmatisch trocken, sondern geschmeidig und musikantisch. Der Chor, aus gut zwanzig Stimmen bestehend, sang klangprächtig, lupenrein und textdeutlich. Außerordentlich spannend präsentierte sich das Solistenquartett.
Der bereits oben genannte Tenor war Joshua Ellicott. Er bot seinen Part mit großer Empathie und sehr dynamisch dar. Ein Klasse für sich war der Bariton David Wilson-Johnson. In seiner Attitude eine Mischung aus Prophet und Universitätsprofessor, sang er untadelig. Sein „Behold, I tell You a mystery „ – „Siehe, ich sage Euch ein Geheimnis“ muss man selbst erlebt haben, wie auch die darauf folgende Arie mit der Solotrompete. Die Sopranistin Julia Doyle hatte mehrere Gesangsnummern höchst unterschiedlicher Anforderung zu bewältigen. Aber ob Koloratur, Lyrik oder kraftvolle Bögen, sie schaffte all dies mühelos mit ihrer so locker geführten Stimme und mit sehr persönlicher Ausstrahlung. Letztere ist auch der Altistin Hilary Summers zuzusprechen.
Großgewachsen und rassig in ihrer Erscheinung, musste man sich allerdings an ihre Stimme gewöhnen, die eher verschleiert wie die mancher Countertenöre klang. Möglicherweise war sie indisponiert, denn in Aufnahmen singt sie wesentlich strahlender. Gleichwohl gestaltete sie mit großem Ausdruck, sodass ihre Arie „He was despised“ – „Er ward verachtet“ zu einem der Höhepunkt des Abends wurde. Und das ganze Konzert war sicher für Viele im Saal ein Höhepunkt der Adventzeit und somit ein ganz großes Geschenk.
3 Comments
Maria Gorbach
6 years 1 day agoLiebe Frau Mika,ich bedanke mich herzlich, dass ich immer Ihre profunden Kritiken lesen darf. Somit wird mein Verständnis über Musik und Komponisten viel größer und tiefer.Besinnliche Weihnachtszeit für Sie und Ihre Familie.Mit herzlichem GrußMaria Gorbach