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Schubertiade Schwarzenberg: Golda Schultz: Lieder von Schubert und von Frauen

Mit ihrem Schubertiade Debüt begeisterten die Sopranistin Golda Schultz und ihr Partner am Klavier, Jonathan Ware.

Vieles war neu an diesem Abend. So traten Golda Schultz und Jonathan Ware zum ersten Mal bei der Schubertiade in Schwarzenberg auf, und sie brachten ein ungewohntes Programm mit. Mit viel Feingefühl und Klugheit kombinierten sie Lieder von Franz Schubert mit solchen von komponierenden Frauen. Ungewohnt war auch das Verhalten des Publikums, das nach jedem Lied applaudierte, was weder einem konzentrierten Zuhören förderlich war, noch dass es den beiden Interpreten entgegenkam, die dadurch immer wieder aus ihrer, wie schon erwähnt, sensibel ausgewählten Liedfolge gerissen wurden.

Angemerkt hat man das der Sängerin nicht. Mit steter Empathie, dem Publikum wie auch ihrem Pianisten zugewandt, so lebendig wie stimmig in Gestik und Mimik und übrigens barfuß, bot sie ihre Lieder dar. Einleitend stellte sie Schuberts Blumenballade „Viola“ Liedern der von 1812 bis 1883 vor allem in Berlin lebenden Emilie Mayer gegenüber und überraschte zudem mit der Vertonung von Goethes „Erlkönig“ dieser beiden Tonschöpfer. Und wenn jemand bis dahin geglaubt hatte (ich nehme mich da nicht zu Gänze aus), dass die Wiederbelebung von weiblichen Komponisten in erster Linie eine Modeerscheinung ist, wurde hier eines Besseren belehrt. Mayers Werke sind überaus differenziert und eigenständig, überraschen beim „Abendlied“ nach Wilhelmina von Chézy (man erinnert sich an Schuberts „Rosamunde“) und bei „Du bist wie eine Blume“ nach Heine mit reizenden Fiorituren und beim „Erlkönig“ mit plastischer Differenzierung der einzelnen Figuren. Zwei schaurig-schöne Gesänge in englischer Sprache, sehr ausdrucksvoll in Töne gesetzt von Rebecca Clarke (1886 – 1979) ließen Golda Schultz und Jonathan Ware folgen, um den ersten Teil Ihres Rezitals mit den „Suleika“-Gesängen von Schubert zu krönen. Nicht nur inhaltlich sind diese mit der Geschichte einer Frau verbunden, sondern auch dadurch, dass die Texte von Marianne von Willemer sind und Goethe sie in seinem „West-östlichen Diwan“ mit veröffentlicht hat.

Der zweite Teil des Liederabends brachte eine Begegnung mit Nadia Boulanger, die nahezu dieselben Lebensdaten hat wie Rebecca Clarke. Sie ist vor allem als Lehrerin vieler bedeutender Musikerpersönlichkeiten bekannt. Nach Paul Verlaine hat sie „La mer est plus belle que les cathedrales“ geschrieben, nach Maurice Maeterlinck „Cantique“. Diese beiden Lieder leiteten jeweils einen Block mit Schuberts Gretchen-Lieder aus Goethes „Faust“ einerseits und spirituellen Liedern des „Hausheiligen“ andererseits ein. Da war, wie immer wieder an diesem Abend, Golda Schultzs so differenzierte wie natürliche Gestaltung zu bewundern, denn hat man den „Kuss“ in „Gretchen am Spinnrade“ je sinnlicher vernommen?

Mit dem wunderbar fein gesponnenen Lied „Nacht und Träume“ endete dieses eindrucksvolle Konzert, an dessen außergewöhnlicher Qualität die Begleitung durch Jonathan Ware einen bedeutenden Anteil hatte, spielte er doch ungemein differenziert und einfühlsam. Nur eine Zugabe gewährten die Beiden dem Publikum, das schier aus dem Häuschen war: eine Version des irischen Volksliedes „Sally Gardens“ von Rebecca Clarke.

Freude über den Jubel des Publikums

Bedauerlich ist, dass das Programmheft zwar die Liedtexte abdruckt, nur auf Deutsch, aber nicht die Lebensdaten der Komponistinnen, geschweige denn ihre Biografie. Aber heutzutage kann man ja googeln. Und seit Corona gibt es auch keine Blumen mehr für die Künstler. Könnte man wieder einführen, würde sehr zum festlichen Charakter der Veranstaltung beitragen. Golda Schultz hätte sich jedenfalls ein ganz prächtiges Bouquet verdient.

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