Sie macht alles anders. Die Auftritte von Elisabeth Kulman lassen sich nicht ins gängige Konzertschema einordnen, zumindest nicht in das, was bei der Schubertiade gilt. Sie reiht die Lieder ihres Programms mehr thematisch denn nach Werkgruppen, sie bringt heutige Komponisten mit, und sie agiert zu den Texten. Doch der Saal ist voll besetzt, und das Publikum jubelt am Ende. Zu Recht, denn hier wird das übliche Konzertschema auf allerhöchstem Niveau aufgebrochen und nicht, wie es oft – auch hierzulande – geschieht, verflacht und die Musik unter ihrem Wert verkauft.
Nichts Geringeres als den Lauf des menschlichen Lebens misst Elisabeth Kulman mit ihrem aktuellen Programm durch, und dem Lebensende wird besondere Beachtung zuteil. Da begleitet man in Worten von Alexandere Dumas und Klängen von Franz Liszt Johanna von Orleans auf den Scheiterhaufen, man teilt das Schicksal von „Gretchen am Spinnrade“ (Goethe/Schubert). Sogleich erfährt man aber auch, dass Gelassenheit möglich ist, mit „Du bist die Ruh“ (Rückert/Schubert) und wie sie gelebt werden kann: „Die drei Zigeuner“ nach Nikolaus Lenau von Franz Liszt bilden den offiziellen Schluss des Programmes. Darin eingestreut gab es zwei Gesänge, die der Pianist des Konzertes, Eduard Kutrowatz, komponiert hat. Die Texte von Hermann Hesse und Christine Lavant spiegeln ein heutiges Lebensgefühl, die Gesangstimme ist im Parlando geführt, immer wieder mit melodische Verdichtungen, der Klavierpart ist reich und perlend hell. Sehr schöne Gesänge sind das, wie überhaupt Eduard Kutrowatz mit seinem Spiel die reine Freude bereitet, so manchen unmittelbaren Übergang schafft oder auch mal mit einem kleinen Schubert-Ländler zwei unterschiedliche Werke verbindet. Nicht zuletzt sei der mühelos strömende Mezzosopran von Elisabeth Kulman gewürdigt, der sich zu gewaltigen Klängen steigern kann, aber auch leicht und locker anspricht. Schön, dass eines dieser besonderen Konzerte von Elisabeth Kulman und Eduard Kutrowatz auch im Programm 2020 wieder zu finden ist.
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