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Schubertiade Hohenems im Oktober

 

 

William Youn spielte ein reines Schubert-Programm

Einspringer William Youn

 

Wieder ist Schubertiade, diesmal in Hohenems und der letzte Zyklus im Jahr 2017. Das erste Konzert am Donnerstagnachmittag hätte der österreichische Pianist Till Fellner bestreiten sollen, der jedoch absagen musste. Statt seiner hörte man zum ersten Mal bei der Schubertiade den jungen Koreaner William Youn. Er hat bereits zahlreiche bedeutende Auftritte hinter sich, nicht nur in seiner Wahlheimat München. Für Vorarlberg zusätzlich interessant ist, dass er unter anderem bei Karl-Heinz Kämmerling studiert hat. Dieser bereits verstorbene Meister war ja auch Lehrer von Aaron Pilsan, und so muss sich William Youn, der schätzungsweise (ich habe nirgends eine Altersangabe gefunden) auch schon ein paar Jahre mehr in der Musikwelt wirkt, den Vergleich mit dem Dornbirner gefallen lassen. Das sage ich bewusst, denn, obwohl Youn wirklich einen fabelhaften Eindruck hinterließ, sind doch die Qualitäten Pilsans noch höher anzusetzen. Das hat sich gezeigt bei der Wandererfantasie, die am Ende des reinen Schubert Programms von Youn stand. Dieses gewaltige, vielschichtige und tief existenzielle Werk ist sowieso der Prüfstein jeglicher Klavierkunst. Es gilt, die enormen spieltechnischen Herausforderungen zu meistern, die musikalisch so verschiedenen Abschnitte wie die liedhaften Passagen oder die machtvoll angelegte Fuge mit Leben zu erfüllen, und es gilt, in dem etwa zwanzigminütigen Werk nie den formalen Zusammenhang aus den Augen zu lassen wie auch den philosophischen Aspekt zu erfühlen. Gerade bei den beiden letzten Punkten ließ William Youn Wünsche offen, wobei er allerdings gewisse Übergänge gut vorbereitete, jedoch das große Ganze zuweilen zugunsten von Details oder der Virtuosität vernachlässigte. Aaron Pilsan hingegen spielt die Wandererfantasie so gut wie kaum jemand sonst (das ist nicht nur meine Meinung) und hat in jedem Moment den formalen Überblick.

William Youn präsentierte im ersten Teil Schuberts Sonate in B-Dur, die auch kein Leichtgewicht ist. Hier vermochte er voll zu überzeugen, er fand sogleich den singenden Schubert-Ton, ohne die starken Gegensätze und Abbrüche zu vernachlässigen. Ganz im Gegenteil bemerkten einige Zuhörerinnen und Zuhörer, dass manches etwas zu donnernd laut herüberkam. Nach der Pause, vor der Wandererfantasie spielte Youn noch zwei Impromptus D 935, das in As-Dur und das in B-Dur. Auch deren Vielschichtigkeit war bei ihm in besten Händen, zu arbeiten wäre allenfalls noch an einer weicheren beziehungsweise differenzierteren Anschlagskultur.

Als Zugabe kam die Paraphrase von Franz Liszt des Schubert-Liedes Ständchen sowie ein Satz aus einer Mozart-Sonate, denn Mozart sei, so sagte Youn, sein Lieblingskomponist. William Youn war auch der Pianist des Programmes am Freitagnachmittag, wo er als Klavierpartner von Sabine Meyer, Klarinette und Nils Mönkemeyer, Bratsche wirkte.

 

 

 

Sophie Rennert überzeugte

 

 

Einspringerin Sophie Rennert

Statt Krassimira Stoyanova von der Wiener Staatsoper, die krankheitsbedingt absagen musste, gestaltete Sophie Rennert das Liedrezital am Freitagabend bei der Schubertiade. Die österreichische Mezzosopranistin der jüngeren Generation hat sich bereits mit schönen Rollen, etwa dem Idamante in Mozarts Idomeneo einen Namen gemacht und sang auch schon in Bayreuth. Der erste Begriff, der einem einfällt, wenn man ihre Stimme hört, ist kultiviert. Eine noble Linie und eine überdurchschnittlich gute Wortdeutlichkeit zeichnen sie von den ersten Tönen weg aus, und bald merkt man zudem, dass Sophie Rennert eine ambitionierte Gestalterin ist. Im Waldesgespräch etwa aus den Liedern nach Eichendorff von Robert Schumann spürt man von vorneherein jene Gefährlichkeit, die der Text erst ganz am Ende preisgibt. Ihre Stärke aber sind die fein gesponnenen Lieder mit geheimnisvoller, oft naturmystischer Atmosphäre, wie Mondnacht oder Zwielicht. Bedauerlicherweise konnte ihr Partner am Klavier, Sascha El Mouissi mit den wunderbaren Begleitungen dieser Lieder wenig anfangen, er phrasierte beiläufig und war der Sängerin keine Unterstützung. Das änderte sich gottlob im zweiten Teil mit Schubert, der lag ihm spürbar mehr. Er erfühlte das zarte Weben etwa des Wiegenliedes (Seidl), konnte aber auch den Parforceritt des Erlkönig (Goethe) nicht nur gut durchhalten, sondern auch gestalten. Solches tat auch die Sängerin, auf sehr persönliche und berührende Weise, ohne je auch nur annähernd plakativ zu werden. Das Programm endete verinnerlicht mit dem Abendstern (Mayrhofer), und auch die Zugabe, Schuberts Wiegenlied nach einem unbekannten Dichter, behielt die Atmosphäre bei. Mit diesem Konzert hat sich Sophie Rennert als eine fabelhafte Liedsängerin erwiesen, die man gerne wieder bei der Schubertiade hören möchte.

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