Das Musiktheater Vorarlberg bringt “Die Feldermaus”
In Vorfeld der Premiere der Operette “Die Fledermaus” von Johann Strauß am 11.Oktober 2019 konnte ich mit dem Intendanten des Musiktheaters Vorarlberg, Nikolaus Netzer, das folgende Gespräch führen. Nikolaus Netzer übernahm im Jahr 2007 die künstlerische Leitung dieser von DI Alfred Mayer gegründeten Einrichtung und führte sie auf ein beachtliches Niveau. In Vorarlberg hatte Netzer auch die Intendanz des Montafoner Sommers inne, und zwar in den Jahren zwischen 2004 und 2014. Sein Konzept, in der Vorarlberger Talschaft Aufführungen von Spielopern, Symphonien und Oratorien an ungewöhnlichen Orten zu wagen, erfreute sich eines regen Publikumszuspruchs. Seit 2009 ist Nikolaus Netzer Direktor der Musikschule in Feldkirch.
Herr Netzer, verraten Sie uns bitte, warum nach der sehr unbekannten Oper im letzten Jahr „I Capuleti e i Montecchi“ von Bellini für diese Saison die Wahl auf die sehr bekannte Operette „Die Fledermaus“ fiel?
Wir haben einen Drei-Jahreszyklus, in dem jeweils Oper, Operette und Musical aufeinander folgen. Unsere Oper vom letzten Jahr, Bellinis Vertonung des Stoffes über Romeo und Julia, war ein musikalischer Höhepunkt in der Geschichte des Musiktheaters Vorarlberg. Vor allem auch das Orchester hat von dieser anspruchsvollen Aufgabe profitiert, es gibt nun eine agogische Verlässlichkeit. Das ist eine gute Grundlage für eine Operette von Johann Strauß. Da ich gottseidank eine Stammbesetzung im Orchestergraben sitzen habe, muss ich nicht immer bei Null anfangen. Was die Besucherzahl betrifft, so dürfte die Fledermaus dank ihrer Bekanntheit ein Plus bringen.
Vor Jahren hatte das Musiktheater Vorarlberg schon einmal „Die Fledermaus“ gespielt. Was wird jetzt anders sein?
Wir sind dem Erbe des Gründers und langjährigen Leiters Alfred Mayer verpflichtet, jedoch sind nicht zuletzt auch die Ansprüche des Publikums gestiegen, weshalb wir die Probenanzahl im Vergleich zu früher deutlich erhöht haben. Das schlägt sich sicher auch finanziell nieder. Wir haben jetzt eine Vereinsstruktur, mit der Präsidentin Margit Hinterholzer. Typisch für das mtvo ist die Zusammenführung von Laiensängern, vor allem im Chor, und Profis. Und auch wenn wir jetzt wesentlich professioneller aufgestellt sind, so ist doch bei allen Beteiligten die Freude an der Sache die große Triebfeder. Wir pflegen untereinander einen sehr amikalen und wertschätzenden Umgang, jedes „Rädchen“ ist gleich wichtig.
Da sprechen Sie das Solistenensemble mit an, das ja bei der Fledermaus nicht klein ist. Wie haben Sie das Stück besetzt?
Mit jungen Sängerinnen und Sängern, für manche ist es die erste Musiktheaterproduktion überhaupt. Wir möchten den jungen Sängerinnen und Sängern die Möglichkeit geben, eine Rolle ihres Repertoires sehr gründlich einzustudieren – gerade probt nebenan unsere Regisseurin Barbara Herold seit einer Stunde einen Dialog zwischen Rosalinde und Adele. Letztere ist übrigens Michaela Breth, die bei der ersten Produktion meiner Ära, in Anatevka von 2008, eine der Töchter sang. Und denken Sie, dass wir in zwei Produktionen bereits die junge Corinna Scheurle hatten, die jetzt Ensemblemitglied der Staatsoper in München ist!
Es fällt auf, dass Ihre Frau, Vera Schoenenberg, diesmal nicht dabei ist.
Meine Frau hat im letzten Jahr ganz ohne Aufhebens hier beim mtvo mit der Rolle der Julia Abschied von der Bühne genommen. Mit ihrer vollen Lehrverpflichtung am Mozarteum in Innsbruck und dazu den familiären Aufgaben geht sich so eine lange und intensive Probenarbeit zeitlich einfach nicht aus.
Barbara Herold führt ja nun wieder Regie, nach ihrem großen Erfolg mit Offenbachs Orpheus in der Unterwelt vor drei Jahren.
Barbara Herold kommt vom Schauspiel und hat einen gewissen Hang zum Schrägen. Das meine ich vor allem im Sinne von neuen, oftmals unkonventionelleren Sichtweisen auf die Dinge. Eine Operette von Offenbach schien mir hier als Debut geradezu ideal und ich habe sie eingeladen für die Regie des Orpheus in der Unterwelt – wie Sie sagen, wurde es ein fulminanter Erfolg. Nun arbeitet sie erneut bei uns und inszeniert Die Fledermaus. Ohne viel zu verraten, kann ich sagen, dass sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Zeichnung der Charaktere legt. Es wird einige textliche Anpassungen geben, und unser Gefängniswärter Frosch wird von einer Frau dargestellt, Adelheid Bräu. Übrigens scherzt Babara Herold immer dahin gehend, dass sie meint, da sie ja jetzt als Deutsche in Österreich eine Wiener Operette inszeniert, dürfte ihre Integration nach zwanzig Jahren ihres Hierseins gelungen sein.
Nun zu Ihnen, Herr Netzer. Sie waren am Theater in Ulm als Kapellmeister und Chordirektor, dann in denselben Funktionen am Tiroler Landestheater in Innsbruck in der Ära Brigitte Fassbaenders. Nun sind sie Direktor der Musikschule in Feldkirch und Intendant des Musiktheaters Vorarlberg.
Brigitte Fassbaender hat mich in Ulm kennenlernt, als sie dort einmal Regie führte und hat mich eingeladen in ihr Team nach Innsbruck. Das war natürlich eine große Ehre und wunderbar für mich, denn nicht zuletzt habe ich ja in Innsbruck studiert. Doch am Theater wollte ich nicht mein Leben lang bleiben, denn ich kenne einen Dirigenten, der einmal sehr gefragt war und nun arbeitslos ist oder einen Tenor, der früher tolle Engagements hatte und jetzt im Supermarkt die Regale einräumt. Ich bin seit 2009 an der Musikschule in Feldkirch und würde es nicht anders wollen, denn ich habe die Möglichkeit frei zu gestalten. So kann ich etwa neue Fächer einführen und ich leite das Jugendorchester. Und mein Heimweh nach dem Theater, das kann ich einmal im Jahr hier in Götzis abstreifen. Denn eines ist mir klar, die Bühnenluft brauche ich! Und wenn ich dann für die Premiere in den Orchestergraben steige, so ist das ein Gefühl, das einfach unvergleichlich ist.
Vielen Dank für das Gespräch und toitoitoi für die Aufführungen!
Termine und Besetzung auf
www.mtvo.at
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