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Mozart nimmt es mit Mahler auf – das hr-Sinfonieorchester Frankfurt in Dornbirn

 

Andrés Orozco-Estrada ist künftiger Chef der Wiener Symphoniker und als solcher für die Bregenzer Festspiele relevant. Soeben hat er bei den Salzburger Osterfestspielen dirigiert, am Wochenende, am 21. und 22.April also steht er am Pult der Wiener Philharmoniker. Dazwischen kam er mit dem hr-Sinfonieorchester Frankfurt nach Dornbirn. Die Reihe „Dornbirn Klassik“ hat sich damit einmal mehr als hochkarätig positioniert.

Dass der Kolumbianer Andrés Orozco-Estrada, der seit seinem Studium bei Uros Lajovic in Wien lebt, mit einer Feldkircherin verheiratet ist, dürfte nur einer der Gründe sein, dass das musikalische Ländle sich in seltener Geschlossenheit im Publikum eingefunden hat. Vielmehr war die Gelegenheit, einen der erfolgreichsten Dirigenten derzeit live zu erleben, verlockend. Und das mit einem der besten Orchester Deutschlands und einem Programm, das intelligenter und spannungsreicher kaum hätte gestaltet sein können. Denn bevor die „Welt“ von Gustav Mahlers Fünfter Symphonie (Mahlers Worte: „Symphonie heißt mir eben: mit allen Mitteln der vorhandenen Technik eine Welt aufbauen.“) das Publikum überwältigte, kam ein Mozart-Violinkonzert, nämlich das in A-Dur, auf zarten Füssen und in aller Vollendung daher. Emmanuel Tjeknavorian © Emmanuel Tjeknavorian Fotograf: Julia WeselyBezaubernder Solist war der zweiundzwanzigjährige Wiener Emmanuel Tjeknavorian, der nicht nur makellos und hochmusikalisch spielte und dem staunenden Publikum einen unbekannten „Eingang“ vor seinem Soloeinsatz präsentierte – eine gängige Praxis zu Mozarts Zeit. Vielmehr bewies er auch Humor, als er „vor der langen Sinfonie“, wie er sagte, das simple „Lied des Marmottenbuben“ von Beethoven als Zugabe spielte.Die Sinfonie schließlich, die mit über einer Stunde Dauer tatsächlich „lange“ dauert und mit ihrer Klangentfaltung und ihren weltanschaulichen Inhalten überwältigt, präsentierte Andrés Orozco-Estrada mit dem hr-Sinfonierochester, dessen Chef er ist, auf ideale Weise. Auch bei den größten Verdichtungen des Klanges herrschte Klarheit, und es gelang eine ideale Balance zwischen der Herbheit und der typisch wienerischen Süße mancher Stellen. Auch das berühmte „Adagietto“ war schmeichelnd und schlicht zugleich. Ziemlich genau vor einem Jahr hat Kirill Petrenko, der übrigens wie Orozco-Estrada bei Uros Lajovic an der Wiener Musikhochschule studiert hat, die „Fünfte“ von Mahler mit dem Symphonierochester Vorarlberg interpretiert. Der Vergleich liegt also nahe, und da ist erst einmal zu sagen, dass, bei aller Freude über die Qualität des SOV und allem Respekt vor seiner Leistung, das hr-Sinfonieorchester Frankfurt doch noch eine andere Liga ist. Besonders ohrenfällig war dies bei der betörenden Klangsinnlichkeit der hessischen Streicher und vor allem auch in der Sicherheit des gesamten Orchesters. Stark in Erinnerung ist mir Kirill Petrenkos „Adagietto“ geblieben, das fast peinlich genau jegliche Nähe zu einem Breitwand-Cinemascope-Sound vermied – bekanntlich verwendete Luchino Visconti diesen Sinfoniesatz  ja als Musik zu seinem Film „Tod in Venedig“. Orozco-Estrada schien da etwas unbekümmerter und riskierte mehr Schmelz, ohne auch nur annähernd kitschig zu sein. Der kolumbianische Dirigent machte bei diesem Gastspiel im Ländle also schöne Hoffnungen auf künftige Bregenzer Festspiele, die er als Chef der Wiener Symphoniker gleichermaßen mit Können und Musizierfreude bereichern wird.

 

 

 

 

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