
Die herbstlichen Montforter Zwischentöne, überschrieben mit „Zuversicht“ gingen am Mittwochabend mit weihnachtlicher Musik zu Ende. Im Zentrum die Weihnachtshistorie von Heinrich Schütz, an die ich besondere persönliche Erinnerungen knüpfe.
Ein Markenzeichen der Montforter Zwischentöne ist die Verbindung von internationalen Ensembles mit heimischen Kräften. So geschah es am Mittwochabend im Montforthaus mit der Aufführung der „Weihnachtshistorie“ von Heinrich Schütz und weiterer frühbarocker Musik zum Christfest. Das deutsche Ensemble „Capella della torre“, geleitet von Katharina Bäuml, musizierte gemeinsam mit dem Vokalensemble der Privathochschule Stella Feldkirch, einstudiert und dirigiert von Benjamin Lack. Die „Weihnachtshistorie“, uraufgeführt etwa 1660 in Dresden folgt dem Evangelium nach Lukas in der Übersetzung Martin Luthers. Somit hatte der „Evangelist“ die tragende Rolle. Der deutsche Tenor Fabian Kelly sang diese Partie wunderbar, mit klarer Diktion und noblem Ausdruck, so wie man es sich nur wünschen kann. Die amerikanische Sopranistin Margaret Hunter hatte in der Rolle des Engels bei der Verkündigung an die Hirten und dann als Erscheinung im Traum des Joseph, die ihn zur Flucht nach Ägypten auffordert, ebenfalls viel zu tun. Sie singt mit schönem, schlankem Sopran, aber man würde ihr wünschen, dass sie die Energie, die sie in ihre körperliche Beweglichkeit investiert, für mehr Textdeutlichkeit verwenden würde. Auch das Vokalensemble der Stella ließ Wünsche offen. Sowohl im Tuttiklang als bei den Gruppen der Soli vermisste man die entscheidende Strahlkraft, wobei man dabei die schwierige Akustik des Montforthauses einkalkulieren muss. Das Münchner Ensemble LauschWerk, das ein paar Tage zuvor in Götzis mit dem Concerto Stella Matutina sang, hatte da schon ein anderes Niveau, wobei es ähnliche Voraussetzungen hatte, nämlich als Ensemble fortgeschrittener Gesangsstudenten. Reine Freude macht die „Capella della Torre“. Hatte sie schon am Sonntag ein junges Publikum mit einer Kindgerechten Version von Shakespeares „Sturm“ begeistert, so tat sie es nun bei dieser frühbarocken Weihnachtsmusik. Reine Instrumentalstücke wie solche im Vorprogramm der „Historie“ von Schütz oder dann „Interludien“ aus diesem spielte es, geleitet von der Barockoboe blasenden Katharina Bäuml, mit mitreißender Lebendigkeit und strahlendem Klang. Dass es sich um eine Bearbeitung der üblichen Partitur handelte, sei erwähnt, ist aber zu vertreten, denn die Originalkomposition ist nicht vollständig erhalten und bedurfte daher sowieso Eingriffen kundiger Wissenschaftler. Mit diesem Konzert ging der herbstliche Zyklus der Montforter Zwischentöne zu Ende, aber auch die Tätigkeit von Hans-Joachim Gögl, der nach elf Jahren die Ko-Leitung der Zwischentöne niederlegt und sich neuen Aufgaben zuwendet. An seine Stelle wird die Tanzexpertin Silvia Salzmann treten und für frischen Wind sorgen. Allerdings müssen sie und Folkert Ude hinnehmen, dass die Stadt Feldkirch ihren Beitrag zum Festival für 2026 um 20% gekürzt hat.
Anschließen will ich noch persönliche Erinnerungen. Weihnachten 1976, als Gesangsstudentin am Salzburger Mozarteum, sang ich als Mitglied des Salzburger Kammerchores ebenfalls die „Weihnachtshistorie“ von Schütz, betraut mit einem kleinen Solo, einem der drei Hirten. Unsere Sopransolistin war Rotraud Hansmann, damals ein der Lieblingssängerinnen von Nikolaus Harnoncourt. Dirigiert hat uns ein Schüler von Harnoncourt am Mozarteum, Rupert Huber. Dieser Chorleiter und Komponist geht nun einen eigenen, sehr spannenden Weg (www.rupert-huber.net). Damals allerdings war er noch in seinen Anfängen und als Chorleiter nicht sehr sicher. Bei einer Probe sagte er: „heute kommt noch Harnoncourt zu uns“. Und tatsächlich: irgendwann ging die Türe auf, und der damals schon weltberühmte Dirigent kam herein, unauffällig wie stets, in einem grauen Lodenmantel und einer klassischen Aktentasche – Harnoncourt war ja damals Professor am Mozarteum. Ohne Aufhebens ging er zu Rupert ans Pult, sprach mit ihm kurze Zeit. Dann forderte man uns auf, einen bestimmten Chor zu singen, ich weiß nicht mehr, welcher es war. Harnoncourt dirigierte uns, und es war unglaublich, wie anders wir plötzlich klangen, also welche Strahlkraft von diesem Menschen ausging, vor allem von seinem Blick. Dann wieder einige Worte mit Rupert, und der Meister ging so unauffällig, wie er kam, wieder weg.
Es war meine erste Begegnung mit Harnoncourt. Als Studentin am Mozarteum habe ich an seinem Unterricht nicht teilgenommen, denn ich interessierte mich damals eher weniger für die Alte Musik, mehr für die Romantik und die Moderne. Ich hatte eine große, schwere Stimme, und alles wies darauf hin, dass, wenn ich eine Solistin werden würde, dann im Wagnerfach. Diesen Weg schlug ich dann doch bewusst nicht ein, da ich meine Grenzen im nervlichen Bereich kannte. Ich war später als Opernchorsängerin am Salzburger Landestheater sehr glücklich, wo es 1982/82 zu einer intensiven Begegnung mit Harnoncourt kam (sieh andere Artikel auf meinem Blog).
Foto: Webseite Rupert Huber
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