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Mitreißender Barbier von Sevilla bei den Bregenzer Festspielen

Seit Elisabeth Sobotka Intendantin der Bregenzer Festspiele ist, gibt es dort ein Opernstudio. In den letzten Jahren erlebte man die drei Da-Ponte-Opern Mozarts. Die jungen Sänger waren jeweils hervorragend und werden zum Teil in Bregenz weiter beschäftigt, so entsteht eine Art Bregenzer Ensemble. Zu wünschen übrig ließ aber jeweils das Dirigat, das mittelmäßig war, vor allem aber die Regie, die mehr oder weniger in allen drei Aufführungen daneben ging. So wurden in diesem Jahr neue Wege beschritten und es wurde für Rossinis Barbier von Sevilla mit Daniele Squeo ein fantastsicher junger Dirigent verpflichtet, der weiß, dass eine leichte Oper von den Ausführenden ganz und gar nicht leicht genommen werden kann. Und die Regie wurde nun Brigitte Fassbaender anvertraut, die bisher schon die Sängerinnen und Sänger vorbereitet hat, nun aber ganze Arbeit machen durfte, und das hat der Sache nur gut getan. So wurde die Premiere am Montag zu Recht frenetisch gefeiert. Jammerschade, dass diese wunderbare Produktion nach nur vier Aufführungen wieder verschwindet, während große Häuser gerade beliebte Opern in verstaubten Inszenierungen zuweilen Jahrzehnte in Spielplan halten.

 

In kaum einer Oper sind Briefe und ähnliche Schriftstücke für die Handlung derart entscheidend wie in Rossinis Barbier von Sevilla Regisseurin Brigitte Fassbaender und ihr Bühnen- und Kostümbildner Dietrich von Grebmer nahmen diesen Gedanken in ihre Regie auf. Ein Briefkasten wird häufig bestückt und entleert, Briefbögen wirbeln durch die Luft beim durchknallten ersten Finale, ein Notenblatt spielt den Joker in der amourösen Gesangstunde, und am Ende sorgt das Papier, das den vormalig mittellosen Liebhaber Lindoro als den Grafen Almaviva ausweist, für das Happy End. Und da wären wir schon bei den Abgründen dieser so geistreich schnurrenden Komödie – kurz vor der französischen Revolution hatte eben ein Graf mehr Rechte als ein Bürger. Regisseurin Brigitte Fassbaender zeigt diese Abgründe feinsinnig auf. Auch dass Rosina nicht zuletzt deshalb den Grafen heiratet, um aus dem Haus ihres schrecklichen Vormunds Bartolo (überzeugend Misha Kiria) wegzukommen – (Dass diese Ehe nicht glücklich wird, wissen wir von Beaumarchais, auf dessen gleichnamiger Komödie das Libretto fußt. Es ist nämlich der erste Teil einer Trilogie, die die Geschichte des Paares weitererzählt. Dessen zweiten Teil hat Mozart mit seiner „Hochzeit des Figaro“ vertont.)

 

Bartolo nun ist ein intriganter Ekelbatzen, der die Frauen begrapscht, so die herzige Haushälterin Berta (Chen Wang), die in dieser Regie auch Liebesglück erleben darf – mit dem Postboten. Noch viele Köstlichkeiten dieser beziehungsreichen und liebevoll gearbeiteten Regie wären zu nennen, doch im Mittelpunkt dieses „Opernstudios“ stehen ja die jungen Sänger, und diese sind durchwegs großartig, und von dem Regieteam typgerecht ausgewählt und ausgestattet. Neben den schon genannten sind es die zierliche, koloratursichere Svetlina Stoyanova als Rosina, der spielfreudige und wunderbar singende Linard Vrielink als Almaviva,  ein tenore die grazia von hohen Graden. Martin Mkhize als Figaro weist eine prachtvollen Bariton und große Bühnenpräsenz auf, und köstlich schleimig kommt der Basilio von Stanislav Vorobyov daher. Das größte Wunder dieses fantastischen Abends spielt sich aber im Orchestergraben ab. Denn der Dirigent Daniele Squeo bringt es nicht nur zuwege, dass das

Symphonieorchester Vorarlberg im akustisch so schwierigen Kornmarkttheater fein und nobel klingt, er findet auch stets die richtigen Tempi, vor allem für die Sänger, die er auf Händen trägt, denen er Raum zum Atmen und Gestalten gibt. Zur rechten Zeit aber lässt Squeo auch die fast maschinenartige Musik Rosinis abschnurren wie ein Räderwerk. Wie sagte doch der große Opernmanager Alexander Pereira einmal: „Die Qualität einer Opernaufführung entscheidet sich am Dirigentenpult.“ Ecco!

Fotos Bregenzer Festspiele Karl Forster (2) und Tom Schulze (Squeo)

 

5 Overall Score
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