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Martin Stadtfeld: Tiefer Hocker – hochfliegende Interpretationen

Der Vergleich drängt sich auf: der Pianist Martin Stadtfeld hat viel gemeinsam mit der Legende Glenn Gould. Zum Beispiel die schlaksige Gestalt, das Sitzen auf einem recht tiefen Klavierstuhl und vor allem die Affinität zur Musik von Johann Sebastian Bach. Am Beginn von Stadtfelds Karriere, wo er auch bei der Schubertiade auftrat, war dieser Vergleich nicht nur förderlich. Inzwischen hat Martin Stadtfeld hat seinen eigenen Weg gefunden. Welchen, zeigte er in Vaduz, zusammen mit den Trondheim Soloists.

Man kann es auch auf Martin Stadtfelds neuester CD „Homage to Bach“ hören, dass nämlich der deutsche Ausnahmepianist eine sehr weitgehenden Umgang mit den Werken pflegt. Vielleicht kann man es sogar noch Interpretation nennen, wenn er Werke von Bach nicht zu viel, aber doch, mit eigenen Ideen weiterspinnt. So geschehen bei seiner Zugabe, einem Menuett mit neuer Schlusswendung, oder bei Johann Christian Bachs sechstem Klavierkonzert, wo er seine Ritornelle im Stile der Frühromantik einfärbt. Doch auch wenn die Originalnoten erklingen, geschieht Unakademisches, etwa ein reichlicher Pedalgebrauch des Konzertflügels in der originalen Stimmung der Bachzeit – wohltemperiert, aber nicht gleichschwebend, wie heute normalerweise gestimmt wird.

Beim Konzert am Mittwochabend in Vaduz ging es also um Bach, um Johann Sebastian und seine Söhne. Da ist Wilhelm Friedemann, der Älteste, charakterlich Schwierige, aber äußerst Begabte und vom Vater besonders Geschätzte, Johann Christian, der Jüngste, der schon weit in die Klassik ragt und großen Einfluss auf Mozart hatte, und Carl Philipp Emanuel, der zu seiner Zeit hochberühmt war, mehr als sein Vater. Da tatsich ein Kaleidoskop der Musikgeschichte auf, man erlebte den großen Stilwandel in dieser Zeit des „Sturm und Drangs“. Nicht nur durch Martin Stadtfelds aufregendes Spiel, sondern auch durch das Orchester der „Trondheim Soloists“ in Streicherbesetzung und einem Cembalo – der Zusammenklang des alten Instrumentes mit dem Flügel war zudem besonders. Das Ensemble aus Norwegen, geleitet von Soloviolinisten Geir Inge Lotsberg, klang bei Friedemann Bachs „Dissonanzen-Sinfonie“ noch zurückhaltend, ließ sich aber dann für den weiteren Abend von der Energie Martin Stadtfelds mitreißen, sodass das Brandenburgische Konzert Nr.3 von Johann Sebastian mit dem von Solovioline und Cembalo improvisierten Mittelteil eine echter Höhepunkt wurde und das Konzert mit Philipp Emanuels „Hamburger Sinfonie“ wirbelnd ausklang. Der ohnehin nicht große Vaduzer Saal war nicht voll besetzt, aber die anwesenden Hörerinnen und Hörer jubelten am Ende umso mehr.

Schon nächsten Dienstag stehen den Vaduzern weitere Stars ins Haus. Sol Gabetta, Violoncello und Kristian Berzuidenhout, Hammerklavier, geben ein Rezital.

 

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