Gern wird gefragt, was im zweiten Jahr einer Seebühnenaufführung geändert wurde. Auf der Bühne diesmal kaum etwas, denn diese Inszenierung von Andreas Homoki ist auf Anhieb rundherum gelungen. Sehr angenehm erlebte man den Umbau der Zuschauertribüne, wo man neue Sitze und bequemere Zugänge vorfand. Und natürlich ist vom Wetter zu berichten, das diesmal, inklusive Mondsichel, besser nicht hätte sein können, während im letzten Jahr die Premiere nach der Hälfte des Spiels wegen eines aufziehenden Starkregens ins Haus wandern musste. Also konnte das Publikum diese Premiere heuer in vollen Zügen genießen. Das eindrucksvolle Bühnenbild von Michael Levine etwa, das sich so schlicht präsentiert, aber im Laufe der Vorstellung dank der überwältigenden Lichtregie von Franck Evin immer neue Farben und Stimmungen erhält. Wie ein achtlos hingeworfenes Stück Papier sei es, meinte Andreas Homoki im Vorfeld, so unbedeutend wie das Leben der „kleinen Frau Schmetterling“. Sie erwartet sich von der Heirat mit dem Amerikaner die große Liebe und ein besseres Leben, für ihn ist sie nur eine Episode. Als sie dies am Ende einsehen muss, tötet sie sich selbst, denn ein ehrenvolles Leben ist für sie nicht mehr möglich. (Eine Parallele zur Hausoper „Ernani“, wo der Titelheld ebenfalls aus Gründen der Ehre Suizid begeht.) Dieses scheinbar so unbedeutende Leben Butterflys stellt Andreas Homoki auf diese riesige Bühne. Und tatsächlich ergreift einen die Einsamkeit dieser Frau tief, vor allem wenn sie ganz allein in dieser Weite steht. Von ihrer traditionsverhafteten Familie wurde sie verstoßen, weil sie einen Ausländer geheiratet hat. Nachdem der Marineoffizier Pinkerton (Otar Jurjikin) wieder seiner Wege zieht, bleibt ihr nur ihre Zofe Suzuki (Annalisa Stroppa) und das Kind, das sie nach der Verbindung mit Pinkerton geboren hat (Riko Seewald). Dann hat sie ein blaues Gewand an, analog zum blitzblauen Anzug ihres Gatten, ja sie hüllt sich sogar in die Flagge Amerikas. Der Mast derselben hat zuvor bei der Hochzeitszeremonie das Bühnenbild phallisch durchstoßen. Dieses und einige weitere symbolhafte Bilder beeindrucken umso stärker, da sie sparsam eingesetzt sind, bis hin zum atemberaubenden Schluss. Intensiven Anteil an der großartigen Wirkung dieser Aufführung haben die Wiener Symphoniker unter dem Dirigenten Enrique Mazzola (der tags zuvor die Hausoper geleitet hat!). Aus der Sängerriege sein, neben den schon Genannten, die Darstellerin der Titelpartie herausgehoben, die die ganze Zeit auf der Bühne steht und wunderbar singt. Es ist, wie schon vergangenes Jahr, Barnu Ismatullaeva. Auch der Bariton Brett Polegato als Konsul Sharpless beeindruckt. Die erlebenswerte Aufführung läuft bis inklusive 20.August mit teilweise geänderter Besetzung.
Foto Bregenzer Festspiele Ralph Larmann
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