Das Concerto Stella Matutina erfreute bei seinem Abokonzert in Götzis mit Humor, virtuosen Basstönen und einer sensationell gut gespielten Beethovensinfonie.
Vielfach werden in der klassischen Musik die hohen Töne, etwa von Primadonnen, Tenören oder Geigern als sensationell empfunden. Doch beim aktuellen Abokonzert des CSM am Freitag und Samstag in Götzis AmBach traf genau das Gegenteil zu. Mit dem Sänger Matthias Hoffmann und dem Kontrabassisten David Sinclair – einer ist eben „bässer“ als der andere – huldigte man den tiefen Tönen, und das mit Werken vor allem von Mozart, der für seinen Freund und Logen Bruder Franz Xaver Gerl so manche Bassarie schrieb – übrigens auch den Sarastro in der „Zauberflöte“. Man versteht: sowohl in der Höhe als in der Tiefe geht es ums Ausloten von Grenzen. Solche, und zwar die eines eher unterbelichteten Instrumentes, sprengte zur Zeit Mozarts auch ein besonderer Kontrabass mit fünf statt vier Saiten und einer unüblichen Stimmung, der so genannte Wiener Bass. Mit dem Kanadier David Sinclair konnte das CSM einen Spezialisten für dieses seltene Instrument gewinnen, der ein Konzert des 1741 geborenen Anton Zimmermann interpretierte und dabei zeigte, was auf diesem „Wiener Bass“ möglich ist. Verblüffende Virtuosität und das Spiel in hohen Lagen beziehungsweise das Flageolett begeisterten. Die beiden Konzertmeister, David Drabek und Fani Vovoni brachten durch ihre zarte Violinbegleitung der Solopassagen mehr Obertonreichtum ins Geschehen. Höhepunkt vor der Pause war das Zusammentreffen beider Bässe bei Mozarts Arie „Per questa bella mano“, ein reizendes Werk, wo der Sänger sein Ständchen für die Liebste mit dem größtmöglichen Instrument begleiten lässt, ob aus Unsicherheit oder übergroßer Liebe, sei dahingestellt und ein Muster an musikalischem Humor. Konnte das Publikum mit diesem ersten Teil des Konzertes schon mehr als zufrieden sein, so steigerte sich das Glück nach der Pause mit Beethovens zweiter Sinfonie noch erheblich. Der im besten Sinne klassische Gestus und die Strahlkraft dieses viel zu selten gespielten Werks kamen durch die Besetzung mit den Originalinstrumenten voll zur Geltung und rechtfertigten einmal mehr Aufführungen möglichst nah am Stil der Epoche Unter dem Dirigat von Thomas Platzgummer spielte das CSM mit größtmöglicher Bandbreite an Dynamik und Ausdruck, wo durch die authentische Besetzung vieles scheinbar wie von selbst funktionierte. Die Charakteristik der Instrumente etwa mit den schmetternden Hörnern oder den aufblühenden Violinen oder die gerade in den Sätzen drei und vier gewagt rasanten Tempi. Eine spaßige Zugabe der beiden Basssolisten beendete diesen bejubelten Konzertabend.
Jemand fragte mich nach dem Konzert, ob die Interpretation der Beethoven-Sinfonie wohl sehr inspiriert gewesen sein von den Interpretationen Harnoncourts. Das war natürlich der Fall. Und ich musste schmunzeln, denn auch während der Aufführung dachte ich immer wieder am Harnoncourt, wenn ich Thomas Platzgummer beim Dirigieren zusah. Denn wie der große Meister des Originalklangs verwendete auch er keinen Dirigierstab (den bekanntlich erst Carl Mara von Weber eingeführt hat), und wie dieser zeigte er sich völlig befreit von jeglicher schulmäßigen Schlagtechnik (Zitat Harnoncourt: „Die kann jeder Blaskapellmeister in einem Nachmittag lernen“). Kein Problem, wenn das Ensemble auf den Dirigenten eingeschworen ist. Wenn nicht, könnte es schwierig werden.
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