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Bregenzer Meisterkonzerte: ein anderes Russland

Zumindest auf dem Konzertpodium können Russland und die Ukraine gut miteinander. So am Dienstagabend beim Bregenzer Meisterkonzert, wo das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Vladimir Jurowski ein rein russisches Programm bot, es aber mit einer Zugabe des Ukrainers Valentin Silvestrov abschloss.

Der Chefdirigent des RSB, Vladimir Jurowski, ist seit 2021 zusätzlich, als Nachfolger von Kirill Petrenko, Musikchef an der Bayerischen Staatsoper. (Auch sein Vater war Dirigent, nämlich der vor einigen Tagen verstorbene Michail Jurowski). Ebenfalls aus München kommt die Weltklassegeigerin Julia Fischer, die zusammen mit dem groß besetzten Orchester den ersten Höhepunkt dieses grandiosen Konzertabends schuf. Sie interpretierten das Violinkonzert Nr.1 in a-Moll Opus 99 von Dmitri Schostakowitsch mit solch einer musikalischen Konzentration, dass es einem schier den Atem raubte. Schon allein als Komposition ist dieses 1955 vollendete Konzert singulär.

Julia Fischer trug ein Haarband in den Farben der Ukraine

Es beginnt mit einer ruhigen Nocturne, um als zweiten Satz ein trotziges Scherzo anzuschließen. Ein Höhepunkt ist die tragisch gefärbte Passacaglia mit ihrer ausgedehnten Kadenz. Julia Fischer spielte sie nicht nur mit äußerster Virtuosität, sondern sie versenkte sich auch tief in die Ausdruckswelt dieses Komponisten, der seine Musik stets am Rande des Abgrunds schrieb. Die finale Burleske zeugt wieder vom „grimmigen Humor“ Schostakowitschs. (Auch hier eine Randbemerkung: in einem Bregenzer Meisterkonzert, das erst vor zehn Tagen stattfand, erlebte das Publikum ein gewaltiges Klavierwerk des Schotten Ronald Stevenson, das einen starken Bezug zu Schostakowitsch hatte, interpretiert von Igor Levit.)

Nach einem Andante von Sergej Prokofjew erlebte das Bregenzer Publikum ein weiteres selten gespieltes, dabei überwältigendes Stück des russischen Repertoires, nämlich die „Symphonischen Tänze Opus 45“ von Sergej Rachmaninow. Sie sind dessen letztes Werk für Orchester, und er fasst hier noch einmal alles, was seine Musik ausmacht, zusammen. Besonders erlebbar machten Valdimir Jurowski und sein fabelhaftes RSB die unglaublich aussagestarke Instrumentation, etwa die oft sehr besonderen Klangmischungen der Bläser oder den satten Streicherklang, oder das reiche Schlagwerk des letzten Satzes. Auch der Dirigierstil von Vladimir Jurowski ist sehr aussagekräftig und dabei klar, sodass er das groß besetzte Orchester, das spürbar auf ihn eingespielt ist, mühelos führen kann. Und wenn er zuweilen seinen linken Arm fast senkrecht in die Höhe schnellen lässt, wirkt er mit seiner hohen, schlanken Gestalt und dem langen Haar wie eine prophetische Figur aus dem Alten Testament. Bereits nach dem Violinkonzert spendete das Bregenzer Publikum frenetischen Applaus, und erneut am Ende des überwältigenden Konzertabends. Das Bewusstsein, hier etwas ganz Großes erlebt zu haben, war spürbar – und es war ein starker Gegenentwurf zu dem Russland, das uns derzeit aus allen Medien entgegenstarrt.

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