Die einzige szenische Produktion der Bregenzer Festspiele, die heuer nur „Festtage“ sind, hatte am Donnerstag im Haus Premiere. „Impresario Dotcom“ hat eine dürftige, mühsam ins Heute gezerrte Handlung, überrascht aber durch eine vielschichtige Musik, gespielt vom Symphonieorchester Vorarlberg unter Christopher Ward.
Carlo Goldoni schrieb 1761 die Komödie „Der Impresario von Smyrna“ und nahm damit die Opernwelt der Barockzeit aufs Korn. Damals war der Beruf eines Opernsängers beziehungsweise einer Sängerin vielleicht eine Möglichkeit, reich und prominent zu werden. Heute wählt man dafür mit Sicherheit andere Wege, wird Germany‘s next Top Model oder Mister Universe. Und auch wenn sich die Fassung für Bregenz im Corona-Jahr nochmals mit Masken auf der Bühne und einem Desinfektionsmittel sprühenden Countertenor um Aktualität bemüht: die Handlung ist und bleibt langweilig. Ihre Aussage, dass ein Sänger sich für die größte Absurdität hergeben muss, trifft aber ironischerweise und sicher unbeabsichtigt auf diese Produktion zu. Denn die Komposition der Slowakin L‘ubica Čekovská fordert einen großen stimmlichen und musikalischen Einsatz, den alle, Christoph Pohl als Conte, Eva Bodorová als Olympia, Terezia Kružliaková als Carmen, Adriana Kučerová als Violetta, Hagen Malzeit als Orfeo und Simeon Esper als Tamino respektgebietend und selbstveräußernd leisten. Schauspielerin Zeynep Buyraç schwebt als Dotcom über den Dingen. In dieser Auftragsoper der Bregenzer Festspiele, die diese gemeinsam mit dem Slowakischen Nationaltheater Bratislawa produziert, führte Elisabeth Stöppler die Regie. In wieweit sie Einfluss auf das Libretto, das Laura Olivi nach Goldoni erarbeitet hat, nehmen konnte, sei dahingestellt. Jedenfalls verwundert es, dass diese erfahrenen Opernfrau, die in Bregenz 2015 eine sehr eindrucksvolle und eben emphatische Arbeit mit der Kammeroper „Der goldene Drache“ vorgelegt hat, diesmal die Grundgesetze einer funktionierenden Opernhandlung außer Acht gelassen hat. Denn die Gattung Oper lebt von der großen Emotion, sie lebt vom Konflikt zwischen Liebe und Pflicht, von einer gewissen Portion Erotik und/oder Metaphysik, wo es sein kann auch vom Humor. All das ist, wenn, dann dürftig vorhanden, zu wenig, um das Publikum zu faszinieren, zu packen – die hier minutiös eingehaltenen Abstandsregeln zwischen den Sängern inklusive. So bleibt es, die große Leistung der Sängerinnen und Sänger zu würdigen und L‘ubica Čekovská für die sorgfältige Komposition zu danken, die die pausenlosen neunzig Minuten dann doch interessant machten, sowie dem Symphonieorchester Vorarlberg, das solches in wie immer sehr knapper Probenzeit anständig realisierte.
Der Beifall für die Sänger war groß, blieb aber lediglich höflich fürs Leading Team – hat man eigentlich bei den Bregenzer Festspielen je ein Buh gehört?
((Foto Bregenzer Festspiele)
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