Die dritte Premiere der neuen Ära am Vorarlberg Landestheater unter der Intendantin Stephanie Gräve war einem Klassiker der deutschen Literatur gewidmet. Die Inszenierung des Dramas „Miss Sara Sampson“ vom Gotthold Ephraim Lessing durch Tobias Wellemeyer überzeugt durch ihre Spannung und durch großartige Darsteller.
Zwei Liebende fliehen aus London, sie, Sara Sampson vor ihrem strengen Vater, er, Mellefont vor seiner schwierigen Vergangenheit mit Frauen, einem illegitimen Kind und Alkohol. Sara weiß davon nicht alles, sie ist zudem ein Wesen so voller Liebe und Menschenfreundlichkeit, das man es kaum glauben mag. Die Vergangenheit holt das Paar in seinem Versteck ein, einem abgewirtschafteten Landgasthof. Saras Vater bietet dem Paar Rückkehr und Vergebung an, Mellefonts Ex Marwood hingegen spinnt ihre Intrige bis zum Äußersten. Die Geschichte endet fast wie „Romeo und Julia“. Es ist eine ausweglose Situation, in die der Zuseher in diesen pausen- und atemlosen zwei Stunden hineingezogen wird, und in deren Zentrum die Titelheldin Sara steht, die christusgleich selbst für ihre Mörderin Verständnis hat und ihr verzeiht. Nicht nur der schöne Text hat spirituelle Momente, auch die Inszenierung setzt solche behutsamen ein, wenn sie etwa Saras Vater und seine Diener in jüdischer Manier kleidet (Ausstattung Iris Kraft). Großartige Schauspieler tragen die Produktion, Rahel Jankowski als in ihrer Liebe und ihrem Großmut unerschütterliche Sara, Grégoire Gros als ihr Geliebter Mellefont mit zerrissenem Charakter, die durchtriebene Marwood, gespielt von der attraktiven Nanette Waidmann, und schließlich Saras Vater und dessen betagter Diener, gegeben von Fridtjof Stolzenwald und Christoph Hohmann. Ergriffenheit und langer Beifall!
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