Zeitungen und Zeitschriften präsentieren alljährlich im Herbst Buchempfehlungen, also mache ich es auch auf meinem Blog, der ja eine Art online-Zeitung darstellt.
Die Schweiz der Belle Epoque
Ich gestehe, dass ich gerne romanhafte Biografien von historschen Persönlichkeiten lese. Da steht natürlich nicht wissenschaftliche Genauigkeit oder die so genannte Objektivität im Mittelpunkt, aber letztere gibt es ja selbst bei genauester historischer Recherche nicht (war nicht auch Egon Friedell dieser Meinung?). Aber ich lege Wert auf eine gute Sprache und Anschaulichkeit. Solches habe ich gefunden in einem Buch von Lukas Hartmann, einem 1944 in Bern geborenen, sehr erfolgreichen Autor, der aktuell eine Roman vorgelegt hat über Karl Stauffer, einen schweizerischen Maler der Belle Epoque. Er war zu seiner Zeit so prominent wie berüchtigt, ein „hitziger Lebemann“, wie er im Klappentext genannt wird. Das Buch schildert Stauffers Liebesbeziehung zu Lydia Welti-Escher: Sie war die einzige Tochter des Wirtschafts- und Eisenbahnmoguls Alfred Escher, und sie heiratete den Sohn eines einflussreichen Politikers. Ihre Liebe galt der Kunst, was so weit führte, dass sie ein Affäre mit Karl Stauffer begann, was natürlich in der biederen Schweizer Gesellschaft des ausgehenden 19.Jahrhunderts einen großen Skandal darstellte und beide letztlich ins Unglück stürzte.
Lukas Hartmann schildert die Geschichte aus der Sicht von Lydia Welti-Eschers Kammerfrau Luise Gaugler. Während die Kurve des Lebensglücks von „Frau Lydia“ immer mehr abwärts geht, erhebt sich diese von Luise in eine glückliche Zweisamkeit mit ihrem Verlobten Henri – ein guter Kunstgriff des Autors, der so den verzweifelten Lebensverlauf von Lydia Welti-Escher für den Leser, die Leserin erträglicher macht.
Geburtstagsjubliläum eines Malers in Niederösterreich
Während ich gestehen muss, dass Karl Stauffer mir bis dato als Maler nicht gegenwärtig war (obwohl ich sicher im Kunsthaus Zürich schon seine Bilder hängen sah), kenne ich den Maler, um den es im Folgenden geht, persönlich schon lange. Und zwar seit meinem Gesangstudium am Mozarteum in Salzburg, wo Sophia und Hans Pötscher meine Kollegen waren. Sie waren damals schon ein Ehepaar und sind es bis heute. Beide haben eine wunderbare Karriere als Sänger gemacht, aber mir neuen Namen. Sophia nannte sich als Künstlerin im Nachnamen Larson und hat in den Opernhäusern der Welt die Partien des hochdramatischen Sopranfachs gesungen, eine schöne und ausstrahlungsstarke Frau mit toller Stimme. Hans, der sich nun Sisa nennt, ist ebenfalls ein großartiger Sänger im Bass-Fach, aber auch ein herausragender Maler.
Zu seinem siebzigsten Geburtstag tritt er nun mit einer Ausstellung im Wilhelm-Kienzl-Museum in Paudorf-Hellerdorf; Niederösterreich, an die Öffentlichkeit, gleichzeitig mit einer im Kunstmuseum Waldviertel in Schrems. Und es liegen gleich drei Bücher mit seinem malerischen Oeuvre vor.
Hans Sisas Bilder lassen niemanden kalt. Der kraftvolle Pinselstrich, die intensive Farbigkeit, aber vor allem auch die Sujets, die neben Landschaften, Städteansichten und treffenden Portraits auch die Schrecklichkeiten unserer Welt aufzeigen und damit anklagen.
Ein kostbares Instrument im Waldviertel
Ein weiteres kulturelles Ereignis gibt es an diesem Wochenende im Waldviertel, und auch dieses weckt in mir kostbare Erinnerungen. In den Jahren 1976 und 1978 wurde ich als junge Sängerin eingeladen, jeweils einen Liederabend im Rathaussaal von Weitra im Waldviertel zu geben. Meine Begleiterin am Klavier war Gudrun Harrer – jawohl, die Außenpolitikredakteurin des Standard und Orientexpertin. Sie war in Weitra zuhause, ihr Vater war der Forstdirektor des Fürsten von Fürstenberg und wohnte im damals noch nicht renovierten Schloss. Im Rathaussaal stand uns ein bemerkenswerter Konzertflügel zur Verfügung, ein Steinway von 1880. Er hatte durchaus einen abenteuerlichen Klang, was uns aber mehr faszinierte wie erschreckte. Und nun wurde dieser Flügel restauriert und kommt zu Konzertehren. Ab 28.Oktober beginnt Florian Krumpöck dort einen Zyklus mit sämtlichen vollendeten Sonaten von Franz Schubert, das nächste Konzert ist am 14.Dezember.
Eckdaten Bücher:
Hartmann, Lukas: Ein Bild von Lydia. Diogenes Verlag Zürich 2018
Hans Sisa: Empfindung und Ausdruck. Aquarelle und Zeichnungen. Verlag Bibliothek der Provinz Weitra 2018
Hasn Sisa: Dämonie und Poesie. Malerei – Graphik – Skulpturen. Verlag Bibliothek der Provinz Weitra 2008
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