Nach einem Künstlergespräch am Vormittag, das Peter Gülke mit Alfred Brendel führte, bescherte die Schubertiade Hohenems am Sonntag zwei durchaus unterschiedliche Konzerte. Einem duftigen Klavierrezital von Kit Armstrong folgte ein hochromantisch schwelgender Kammermusikabend.
Mit einem leichtfüßigen Programm mit Beethoven, Schubert und Mozart bezauberte Kit Armstrong nachmittags im Markus-Sittikus-Saal. Der junge Amerikaner mit asiatischen Wurzeln ist nicht nur einer der besten Pianisten derzeit, sondern auch Komponist und diplomierter Mathematiker. Vielleicht deswegen ist sein Spiel von einer unglaublichen Klarheit, aber auch einer Lockerheit, die gerade bei Pianisten selten ist. Den Humor bei Haydns Stücken für die Flötenuhr weiß er nicht nur musikalisch auszudrücken, sondern er schickt auch, wo es sein kann, ein Lächeln zu den Zuhörern. Was übrigens bei diesem qualifizierten Publikum selten vorkommt, geschah genau hier. Es klingelte ein Handy und zeigte, dass sich die Flötenuhr, allgemeiner gesagt ein Apparat, der mechanische Klänge erzeugt, bis in unsere Zeit erstaunlich weiter entwickelt hat. Mit den Variationen Opus 34 von Ludwig van Beethoven, Schuberts Sonate in A-Dur, den genannten Stücken von Haydn und der Sonate in B-Dur von Mozart KV 333 präsentierte Kit Armstrong ein scheinbar leichtgewichtiges Programm – scheinbar, weil man weiß, wie schwer das Leichte darzustellen ist. Der sechsundzwanzigjährige spielt aber nicht nur wunderbar duftig und ausgewogen, sondern hat auch einen starken Ausdruck. Besonders kam dieser zum Tragen beim dramatischen Höhepunkt seiner Darbietung, Mozarts Fantasie in f-Moll KV 604. Mit einem Variationenwerk von William Byrd aus dem frühbarocken England dankte der so zart wirkende und doch so reife Musiker seinen begeisterten Zuhörern, unter denen sein Lehrer Alfred Brendel war.
Zum Konzert am Abend traf sich ein Trio aus hochkarätigen Persönlichkeiten, um Dvořáks Klaviertrio in f-Moll und Tschaikowskis einziges Werk dieser Gattung, das Klaviertrio in a-Moll Opus 50, zu spielen. Es waren der Geiger Renaud Capuҫon, der aus Bregenz stammende Cellist Kian Soltani und Lahav Shani am Klavier, der vor allem auch als Dirigent, etwa als ständiger Gastdirigent der Wiener Symphoniker, bekannt ist. Und es war interessant, dass er auch so agierte. Wie der Maestro am Pult, der immer eine Spur voraus den Einsatz zu geben hat, war er seinen Streichern immer voraus. Das war natürlich minimal, erlaubte aber diesen nicht, einmal etwas auszusingen oder einen Übergang zu gestalten. Wie schade, denn sowohl Capuҫon als auch Soltani verfügen je über einen wunderschönen Ton und eine hohe Musikalität. So liefen diese beiden hochromantischen Stücke mit ihren großartigen kompositorischen Qualitäten vor allem mit viel Kraftentwicklung ab. Schade um die vielen Möglichkeiten, die verschenkt wurden! Und wieder einmal erlebte man, dass eine Versammlung großer Namen am Podium noch lange nicht Garantie für eine gute Interpretation ist. Eine sehr sympathische Sache soll aber nicht unerwähnt bleiben. Nicht nur, dass mit dem Israeli Lahav Shani und dem persisch-stämmigen Kian Soltani Angehörige zweier politisch verfeindeter Nationen zusammen musizierten, sie spielten auch, mit Renaud Capuҫon als „in ihrem Bunde der Dritte“ (frei nach Schiller), ein jüdisches Lied im Arrangement von Lahav Shani als Zugabe.
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