Beim ersten Abokonzert des SOV leitete die Geigerin Lorenza Borrani das Orchester vom Konzertmeisterpult aus. “Play and Conduct heißt das jetzt.

Die Florentinerin Lorenza Borrani ist geschult in Alter wie auch Neuer Musik. Vom Konzertmeisterpult aus eröffnete sie das erste Abokonzert des Symphonieorchesters Vorarlberg mit Rossinis Ouvertüre zur Oper „Il Barbiere di Siviglia“. Leichtfüßig und sehr sensibel war das, und eine Freude, wie präzise das SOV ohne Dirigent musizierte. Ganz andere Klangwelten erstanden dann mit einem für Borrani geschriebenen Violinkonzert der in Österreich lebenden Schweizer Komponistin und Cellistin Ursina Maria Braun. Der überwiegende Teil der Abonnenten am Sonntagnachmittag im Festspielhaus Bregenz tat sich schwer mit dem Werk, und in der Tat braucht es einiges an Überlegungen, um darin einen Sinn zu entdecken. Klangflächen und Tonwiederholungen nach Art des Minimalismus, allerlei aneinandergereihte spieltechnische Besonderheiten und ein weinig schlüssiger Aufbau lassen den Wunsch aufkommen, dass die vergleichsweise junge Komponistin noch ihren persönlichen Stil finden wird. Da war es fast eine willkommene Abwechslung, dass der Solistin Lorenza Borrani eine Saite riss und sie blitzschnell ihre Violine mit der einer Orchestermusikerin tauschte. Vielleicht wollte Ursina Maria Braun mit ihrem Konzert eine innere Entwicklung nachzeichnen, vom harschen Beginn mit den fast sturen Tonwiederholungen, vergleichbar dem barocken „Concitato“, über einen Mittelteil, betitelt „Geheimnis“, bis zum Schluss, wo die Solovioline ganz für sich selbst eine verinnerlichte Melodie spielt. Keinen Wunsch offen ließ hingegen der Programmpunkt nach der Pause. Noch nicht zwanzigjährig schrieb Schubert seine Fünfte Sinfonie, ganz im Geist der Wiener Klassik. Lorenza Borrani, die im Chamber Orchestra of Europe noch mit Claudio Abbado und Nikolaus Harnoncourt gearbeitet hat, fand zusammen mit dem SOV den für dieses Werk so stimmigen duftigen Klang, nicht ohne das Menuett auftrumpfen zu lassen. Und noch einmal seien dem SOV Rosen gestreut für sein kammermusikalisch feines und präzises Zusammenspiel. Das Publikum spendete höflichen Beifall. Kaum Bravos, aber auch keine Buhs für das in den Gesprächen so einhellig abgelehnte Violinkonzert.
Foto Dietmar Mathis
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