Männerchortradition auf Finnisch
Der YL Male Voice Choir, der führende finnische Männerchor, gastierte im Rahmen der Bregenzer Festspiele.
„Offen und neugierig“, so wird der YL Male Voice Choir beschrieben. Diese Eigenschaft hat er bei seinem Konzert am Freitagabend in der Bregenzer Herz Jesu Kirche auf sympathische Art bewiesen. Nicht nur, dass im Zentrum des sonst finnischen Programms Werke von Franz Schubert und Arnold Schönberg standen. Mehr noch: die erste Zugabe zauberte ein Strahlen in die Gesichter selbst der Platzanweiser und sorgte für Standing Ovations, denn diese fünfzig Herren sangen alle drei Strophen der Vorarlberger Landeshymne, auf Deutsch, versteht sich. Zuvor, als letztes Werk ihres offiziellen Programms, erklang ein traditionelles finnisches Kirchenlied, komponiert vom 1976 geborenen Eeno Grundström mit Elektronik und einem freitonalen Chorsatz. Denn es ist ein Prinzip des YL Male Voice Choir und ihrem Leiter Pasi Hyökki, junge Komponisten des Landes mit Aufträgen zu betrauen. Als weiteres starkes Beispiel sei da ein wildes Seefahrerlied des 1980 geborenen Juuso Vanonen angeführt. Und natürlich durfte der wichtigste zeitgenössische Finne nicht fehlen, Einojuhani Rautavaara (1928-2016), der noch von Jean Sibelius persönlich gefördert wurde. Letzterer ist eng verbunden mit der Gründung im Jahr 1883 an der Universität Helsinki des YL Männerchors und hat für diesen mehrere Chorsätze geschrieben, von denen drei das Programm stimmungsvoll eröffneten. In Vorarlberg, wo es mehrere gute Männerchöre gibt, mag man nun fragen, was dieses Konzert so besonders machte. Zum einen ist es der hohe Anspruch dieses inzwischen weltweit konzertierenden Ensembles, sowohl musikalisch wie in ihrer unüberbietbar noblen Erscheinung, denn diese Herren tragen Frack und Lackschuhe mit roten Sohlen. Dann klingen sie einfach famos, haben die legendären finnischen Bassstimmen ebenso in ihren Reihen wie derart hell timbrierte Tenöre, dass man meint, Frauen zu hören. Und nicht zuletzt ist es die Begegnung mit den finnischen Texten, die eine ganz besondere Welt der Naturverbundenheit und Spiritualität auftun. Finnisch ist eine Sprache, die nicht zur indogermanischen Familie gehört und daher für uns exotisch klingt. Freilich, und das merkt man an den hier genannten Familiennamen, spielt das Schwedische in Finnland eine Rolle, und so fand sich im Programm auch eine Komposition von Selim Palmgren (1876-1951) in schwedischer Sprache. So tat sich mit dem YL Male Voice Choir (für Sprachenfreaks ausgeschrieben: Yliopillaskunnan Laulajat) eine ganz eigene Welt auf, zu der noch vieles zu sagen wäre, etwa über den Titel des Konzerts „Waldeinsamkeit“. Der YL Männerchor ist heute, Sonntag, auch in der Orchestermatinee mit den Wiener Symphonikern zu hören, bei der Symphonie „Kullervo“ von Jean Sibelius.
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