Borrowed Light – getanzt
Der finnische Starchoreograph Tero Saarinen stellt bei den Bregenzer Festspielen zwei seiner Arbeiten vor. Die erste war „Borrowed Light“, die von den “Shakern” erzählte.
„Die Finnen kommen“ – das war schon das Motto der Eröffnungsfeier der Begrenzer Festspiele 2025. Die neue Intendantin Lilli Paasikivi und die von ihr eingeladenen Künstler bringen eine überraschend neue Ästhetik mit, vielleicht etwas, was sich mit einem entspannten Mut zur Schlichtheit bei größtmöglicher künstlerischer Ernsthaftigkeit beschreiben lässt. Sehr zu spüren war solches am Mittwochabend auf der Werkstattbühne, wo die prominente „Tero Saarinen Company“ eine ihrer gefragtesten Arbeiten zeigte. „Borrowed Light“ wurde seit seiner Premiere 2004 weltweit von über 50.000 Menschen erlebt. Der Titel bezieht sich auf ein architektonisches Detail in den Häusern der Shaker, nämlich dem indirekten Licht. So gut wie nicht vorhanden in der Choreografie war hingegen das bekannteste Attribut der Shaker, nämlich der ekstatische Schütteltanz, der dieser amerikanischen Religionsgemeinschaft den Namen gab. Dennoch hatte man am Ende der Aufführung das Gefühl, einen tiefen Einblick in das Leben dieser Gemeinden bekommen zu haben. So bezogen sich die Kostüme der Mitwirkenden, entworfen von Erika Turunen, auf deren an praktischer Arbeit orientierten Lebensweise. Die schwarze Unisexkleidung mit knöchellangen Röcken hatte aber auch elegante Komponenten, und die festen Schnürschuhe wurden zudem rhythmusgebend eingesetzt. Denn es gab keine durchgehende Musik, etwa von Instrumenten, lediglich ein achtköpfiges Vokalensemble, die „Boston Camerata“. Sie sangen solistisch und einstimmig zusammen Lieder der Shaker, die ebenfalls sehr einfach waren. Die vier Frauen und die vier Männer klangen zauberhaft, jedoch sehr natürlich – ein ganz besonderes und die Aufführung wesentlich mitbestimmendes Element. Im Gegensatz zu dieser Zartheit stand die Choreografie mit ihren weit ausgreifenden Stampf- und Armbewegungen, die vielfach sehr temporeich verliefen. Den vier Tänzerinnen und vier Tänzern wurde allerhand abverlangt. Vergeblich wartete man auf eine Paarszene, ein Pas de deux, denn bei den Shakern leben zwar Männer und Frauen zusammen, erotische Beziehungen sind jedoch nicht erwünscht. Vor allem im zweiten Teil des Abends gab es aber durchaus emotionale Momente, etwa einen Kampf zweier Männer oder Individuen, die sich absonderten und entweder fürsorglich wieder integriert wurden, oder auch nicht. Abschließend sei das Lichtdesign von Mikki Kunttu erwähnt, sparsam ins Dunkel leuchtende Spots, wirkungsvoll in die Personenführung integriert. Eine weitere Arbeit der Tero Saarinen Company ist unter dem Titel „Study for Life“ am 30.Juli auf der Werkstattbühne zu sehen, dann mit der Musik der bedeutenden finnischen Komponistin Kaija Saariaho.
Foto: Bregenzer Festspiele
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