Freitagabend bewältigte Ilker Arcayürek Schuberts „Winterreise“, Samstagabend bezauberte ein Damenduett.
Bei einhundertzwei männlichen Mitwirkenden und vierzig weiblichen in diesem Jahr ist der Frauenanteil bei der Schubertiade – wie übrigens vielfach im Klassikbereich – nicht überwältigend hoch. Einen umso erfreulicheren Akzent setzte der Duett-Abend, den die Sopranistin Nikola Hillebrand und die Mezzosopranistin Patrizia Nolz gestalteten, bestens begleitet und unterstützt vom bewährten Malcolm Martineau am Flügel.
Für Auge und Ohr boten die beiden jungen Sängerinnen nur Erfreuliches. Ihre Stimmen harmonierten bestens, keine tat sich hervor, Klangschönheit, Genauigkeit, Lebendigkeit in der Phrasierung und den Rubati, alles gelang wunderbar. Nikola Hillebrand ist schon mehrmals in Hohenems und Schwarzenberg zu hören gewesen, wie übrigens letztes Jahr auch als Agathe in Webers „Freischütz“ auf der Bregenzer Seebühne. Patrizia Nolz, Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper, war zum ersten Mal bei der Schubertiade und machte mit ihrer so ausdrucksvollen wie authentischen Wesensart wie auch ihrer dunkelsamtigen Stimme großen Eindruck – man möchte sie bald wieder hier hören. Ausschließlich Duette sangen die beiden, keine Sologesänge. Mit Henry Purcell begann es, zog sich über die bekannten Werke von Schumann, Brahms und Mendelssohn bis hin zu den „Klängen aus Mähren“ von Dvořak. Raritäten von Max Reger und Anton Rubinstein waren auch dabei. Und eine besondere Rarität war die zweite Zugabe. Nach Engelbert Humperdincks „Abendsegen“ überraschten Nikola Hillebrand und Patrizia Nolz mit der Duettversion eines „Ungarischen Tanzes“ von Brahms. Mit französischem Text wurde diese von der Sängerin und Komponistin Pauline Viardot geschaffen und heizte den Ausführenden wie dem Publikum gewaltig ein.
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Ilker Arcayürek: auf der Bühne sehr ausstrahlungsstark: Rodolfo in La Boheme
Foto: Jutta Missbach
Ganz anders im Charakter zeigte sich naturgemäß der Liederabend am Freitag, denn es stand Franz Schuberts ikonischer Zyklus „Winterreise“ auf dem Programm. Diese zweiundzwanzig Lieder, die ohne Unterbrechung darzubieten sind, erzählen von einer enttäuschten Liebe, aber viel allgemeingültiger noch von Einsamkeit, Verlassen sein, Orientierungslosigkeit und einer Todessehnsucht, die aber nicht erfüllt wird: „nur weiter denn, nur weiter…“. Somit eine große Aufgabe für einen Sänger (oder eine Sängerin!) und dessen Klavierpartner. Dieser war an diesem Abend der fabelhafte Ammiel Bushakevitz, Die viele Klangbilder dieses Zyklus‘, ob das Bellen der Kettenhunde, das Flattern eines einzelnen Blattes, das Rauschen des „Lindenbaums“ im Rückblick in eine bessere Vergangenheit und schließlich die Eintönigkeit der Leier im „Leiermann“, dies alles und noch viel mehr wusste er plastisch wie in den musikalischen Fluss einzuweben. Eine wunderbare Basis also für den Tenor Ilker Arcayürek, der sich ruhig mehr an Ausdruck und Klangfarben hätte zutrauen können. Er sang sauber und korrekt, erfüllte jede dynamische Forderung in den Noten, und er verfügt über eine schöne Stimme, vom (etwas zu häufig eingesetzten) Mezzavoce bis hin zu kraftvollen Ausbrüchen. Das wäre Basis genug für mehr persönliche Entfaltung. Dennoch eine große Leistung, die das Publikum mit Standing Ovations feierte.
Foto Duett: Schubertiade
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