Zum vierzigjährigen Bestehen des Chorseminars Liechtenstein erklang Johann Sebastian Bachs „Johannespassion“.
„Berühren und verbinden“ wollte das Chorseminar Liechtenstein sein Publikum mit Bachs „Johannespassion“ am Samstagabend in Götzis AmBach und am Sonntagnachmittag in Schaan. Das gelang, vielleicht auch deshalb, weil dieser Chor, übrigens nicht nur bei geistlichen Werken, vor seinen Auftritten zusammen meditiert und schweigt. Auch, weil William Maxfield, ein in Paris ausgebildeter Amerikaner und seit langem im Fürstentum tätig, die Sängerinnen und Sänger präzise und mit Hingabe vorbereitet hat. Es ist ein für dieses Werk außergewöhnlich groß besetzter Chor, und so entspricht auch die gesamte Aufführung kaum der heute üblichen historischen Aufführungspraxis. Im Orchester, dem Symphonieorchester Liechtenstein (SOL), erklingen moderne Instrumente, selbst die Gambe bei der Arie „Es ist vollbracht“ wird von einem Cello gespielt (Gustav Wocher), und die beiden Violen d’amore bei der wunderbaren „Regenbogen-Arie“ sind Geigen mit Dämpfer. Das wäre nicht weiter problematisch, wenn nicht vor allem die Streicher in Sachen Intonation und Zusammenspiel allerhand Wünsche offen ließen. Das war der Wermutstropfen in der sonst erbaulichen Aufführung, die somit ihr Ziel der Verinnerlichung erreichte. Wesentlichen Anteil am gesamthaft hohen Niveau hatten die fünf Gesangsoli, allen voran der ungemein differenziert singende Innsbrucker Michael Nowak als Evangelist, der auch die Tenorarien interpretierte. Wie er jedes Wort formte und erwog, war beispielhaft. Huub Claessens bot einen würdevollen Jesus, und Günter Haumer aus Wien war sein kraftvoller Widerpart als Pilatus, steht doch das Gespräch zwischen Pilatus und Jesus im Mittelpunkt dieser Passion. Die Vorarlbergerin Martina Gmeinder gestaltete die schon erwähnte, wichtige Arie „Es ist vollbracht“ so warmherzig wie differenziert, und die Schweizer Sopranistin Anna Gschwend trug ihren hell leuchtenden Sopran bei. Dass die Soli auch Teile des Eingangschores und Schlusschores sangen, war weniger überzeugend, standen doch die Sängerinnen und Sänger des Chorseminars Liechtenstein im Zentrum des Geschehens, als Initiatoren und Organisatoren des Konzertes und wegen des vierzigjährigen Jubiläums. Vor allem aber haben sie wunderbar gesungen, die aufwiegelnden Volkschöre ebenso wie die verinnerlichten Choräle, nicht zu vergessen die kleinen Soli, etwa des Petrus oder der Magd. Das Publikum in Götzis war dankbar, diese Musik, die für viele Menschen untrennbar mit der Osterzeit verbunden ist, live erleben zu können.
0 Comments