Standing Ovations für eine Rarität am Opernhaus Zürich und ein Triumph für die beiden Hauptdarsteller.
Nach dem Erfolg, den Andreas Homoki für seine Regie von Puccinis „Madame Butterfly“ auf der Bregenzer Seebühne eingefahren hat, startet er nun als Intendant der Oper Zürich in die neue Saison ebenfalls mit Puccini. Doch diesmal mit der Rarität „La rondine“ – Die Schwalbe“. Diese nahe am Genre der Operette angesiedelte Oper sollte in Wien uraufgeführt werden, was wegen des Ersten Weltkrieges nicht möglich war. Schließlich kam dieses zarte Stück um ein unspektakuläres Frauenschicksal 1917 in Monte Carlo heraus. Nun, bei der schweizerischen Erstaufführung in Zürich, führte Christof Loy Regie und erwies sich als Meister der feinen Nuancen. Er lässt offen, ob die große und wahre Liebe, die die Maitresse Magda erlebt, vielleicht nur ein Traum ist. Das Bühnenbild von Étienne Pluss, das in seiner Grundstruktur gleich bleibt, würde solches nahelegen. Christof Loy schafft, vor allem in den ersten beiden Akten, eine Atmosphäre der Leichtigkeit, Lebensfreude und Schönheit, aber auch der Oberflächlichkeit, denn man spürt, dass niemand dort wirklich glücklich ist. Nicht zuletzt durch die stimmigen Kostüme von Barbara Drosihn fühlt man sich versetzt ins Kino der 1950er, wo die Frauen vor allem dekoratives Beiwerk für einen erfolgreichen Mann sein sollten. Magda, die vom reichen Bankier Ramboldo (Vladimir Stoyanov) ausgehalten wird, sehnt sich nach echter Liebe auf Augenhöhe. Sie findet diese in Ruggero, jedoch kann sie seinem Traum vom bürgerlichen Dasein nicht folgen und kehrt resigniert zurück in ihre Halbwelt. Wer hier an Verdis „Traviata“ denkt, liegt nicht falsch, und im koketten Hausmädchen Lisette (Sandra Hamaoui) begegnet uns eine Schwester der Adele in Johann Strauß‘ „Fledermaus“.
Aber es sind nicht nur die Assoziationen an diese berühmten Opernfiguren, von denen das Stück lebt, sondern vielmehr führt es jedem und jeder von uns Episoden aus unserem eigenen Leben vor Augen. Denn wer hat nicht irgendwann geglaubt, den idealen Partner gefunden zu haben, aber konnte diese Liebe nicht leben? Und wer träumt nicht von Zeit zu Zeit, aus seinem Alltag auszubrechen? Daher ist diese Aufführung in Zürich berührend, auch wegen der gelungenen Inszenierung, vor allem aber wegen der beiden Protagonisten Ermonela Jaho als Magda und Benjamin Bernheim als Ruggero. Die aus Albanien stammende Sopranistin gilt als Geheimtipp und wird aufgrund ihres beseelten Gesanges immer wieder mit Maria Callas verglichen. Auch in Zürich erlebt man ihre wundervollen Piano-Töne, aber auch ihre dramatische Hingabe. Der französische Tenor Benjamin Bernheim nimmt mit seinem strahlenden Tenor und seiner Bühnenpräsenz für sich ein. Beide sind, vor allem auch als Liebespaar, voll überzeugend. Das weitere Ensemble bewegt sich ebenfalls auf höchstem Niveau, ebenso der Chor und das Orchester des Opernhauses unter der präzisen Gesamtleitung von Marco Armilato.
Das ganze Parkett erhob sich bei der B-Premiere am Mittwoch, dem 20.9. zu Standing Ovations – meines Wissens kommt das nicht so oft vor.
Fotos: Monika Rittershaus
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