Zum Beethovenjahr 2020 geplant, wurde nun ein Herzensprojekt der Chopin Gesellschaft Vorarlberg Wirklichkeit. Nämlich die drei letzten Klaviersonaten Beethovens, sein „Vermächtnis“ also, an einem Abend zu präsentieren.
Beethovens zweiunddreißig Klaviersonaten gelten als magischer Kosmos, Hans von Bülow bezeichnete sie – viel zitiert – als das „Neue Testament des Klavierspiels“. Die letzten drei dieser Sonaten, Opus 109 in E-Dur, Opus 110 in As-Dur und Opus 111 in c-Moll bilden eine Einheit. Ein „Vermächtnis“ – so der Titel der Veranstaltung am Freitagabend im Pförtnerhaus der „Stella“ in Feldkirch – sind sie lediglich für die Form der Klaviersonate. Denn Beethoven schuf danach noch seine gewaltigsten Werke, etwa die „Missa solemnis“, die „Neunte Symphonie“, die letzten Streichquartette oder, im Bereich der Klaviermusik, die „Diabelli-Variationen“. Wie auch immer, diese drei letzten Sonaten zyklisch aufzuführen, ist eine fabelhafte Idee. Jedoch sind diese Werke spieltechnisch, aber auch in ihrem geistigen Gehalt derart fordernd, dass sie für einen einzigen Pianisten an einem Abend kaum zu bewältigen sind. Es war daher gut, diese Aufgabe auf drei Pianisten zu verteilen, zumal dies auch einen spannenden Interpretationsvergleich erlaubte. Mit der Sonate Opus 109 präsentierte sich Benjamin Engeli. Er betonte die oft schroffen Gegensätze in diesem dreisätzigen Stück, womit ihm eine spannende Deutung gelang. Anna Adamik, seit langen Professorin in der nunmehrigen Privathochschule Stella, wusste mit der Sonate Opus 110 in allen Facetten zu überzeugen. Ihre Anschlagskultur begeisterte, ebenso die Geschlossenheit ihrer Interpretation, die auf ihre tiefe geistige Beschäftigung mit dem Werk blicken ließ. Freilich hat Anna Adamik diese Sonate schon zum Beethovenjahr 2020 auf CD veröffentlicht (siehe Besprechnung auf diesen Blog). Nach der Pause folgte schließlich die zweiunddreißigste und letzte Sonate Beethovens. Sie hat nur zwei Sätze, aber eine halbe Stunde Spieldauer. Besonders der zweite Satz, der übrigens Thomas Mann zu einer ausführlichen Würdigung in seinem Roman „Doktor Faustus“ angeregt hat, zieht vielfach Verehrung auf sich und wird metaphysisch gedeutet. Gerhard Vielhaber, Adamiks Kollege an der Stella, legte bei diesem Satz, wie auch dem vorhergehenden, vor allem auf die virtuose, ja zuweilen rasante Seite sein Augenmerk. Die Zartheit dieser „Arietta. Adagio molto semplice e cantabile.“ trat nur in Ansätzen hervor. Somit eine beeindruckende, aber keineswegs erfüllende Interpretation. Das zahlreiche, fachkundige Publikum feierte die drei Pianisten.
Foto: Stefan Man
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