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Neue Musik mit dem Ensemble plus

Das von Guy Speyers geleitete Ensemble plus stellte im Vorarlberg Museum am Freitagabend Neue Musik vor.

Zwei der vier aufgeführten Komponisten beim Konzert der Reihe „Sul palco“ sind Frauen, und vier der sieben Mitwirkenden auch. Eigentlich sollte das kein Thema mehr sein, ist es aber im Musikbetrieb immer noch. So sind bei der Schubertiade im Jahr nur etwa ein Drittel der Mitwirkenden Frauen, und bei den Montafoner Resonanzen scheint bei den sechs Konzerten des Jazz-Schwerpunkts keine einzige Frau auf.

Johanna Doderer

Nach diesem Exkurs nun Näheres zum Konzert des Ensemble plus vom Freitagabend, dem zweiten der Reihe „Sul palco“. Johanna Doderer, international geschätzte Komponistin mit Vorarlberg-Bezug und übrigens Trägerin des Kompositionspreises des Landes Vorarlberg 2020, hat 2016 das

Streichquartett „Mattsee“ geschrieben. Sie fängt die Lieblichkeit der Landschaft mit einem ruhigen, wiederkehrenden Violinmotiv ein, lässt aber im dichten Satz der Stimmen auch andere Kräfte walten. Aus Südafrika stammt Amy Crankshaw und kennt Guy Speyers aus gemeinsamen Jugendtagen.  Jetzt lebt sie in London und erfreut sich als Komponistin internationaler Reputation.

Amy Crankshaw

Mit ihrem tonmalerischen Stück „Goggos from the Eastern Cape“ beschreibt sie Insektengeräusche aus Südafrika. Das gut strukturierte Werk könnte auch als ein dreisätziges Streichquartett im klassischen Sinne gesehen werden. Wie Crankshaw ist auch Lembit Beecher, geboren 1980, kosmopolitisch unterwegs. Mit „Song in Mistranslation“, einem aufgewühlten Stück, das sich schließlich in einzelnen Tonereignissen besänftigt, nimmt er Bezug auf ein Lied aus Estland, wo seine familiären Wurzeln sind. Allerdings empfindet er eine solche Arbeit generell als „kulturelle Einbahnstraße“, denn kein Este würde sein Stück mit dem Volkslied verbinden. Die Uraufführung des Abends steuerte Martin Skamletz, den man vor allem Als Traversflötisten beim Barockensemble Concerto Stella Matutina kennt. Skamletz ist jedoch vielseitig tätig, eben auch als Komponist. Er nimmt mit dem Titel „en plus“ Bezug auf das Ensemble plus, denn die Ensemblemitglieder selbst haben ihn inspiriert. So hat er für sein gut hörbares Stück die ungewöhnliche Besetzung eines Kammerensembles mit Trompete gewählt. Endlich ist den famosen Musikern zu danken: Michaela Girardi und Anita Martinek, Violine, Guy Speyers, Viola, Jessica Kuhn, Cello, Anja Nowotny-Baldauf, Querflöte, Hauke Kohlmorgen, Klarinette und Roché Jenny, Trompete. Ihr Engagement, diese Stücke einzustudieren und mit all ihrem Können aufzuführen, ist hoch zu schätzen.

Noch ein Gedanke zum Abschluss. Obwohl alle diese Stücke „keine Wohlfühlmusik“ sind (Zitat Nils Mönkemeyer bei einem Konzert kürzlich in Schwarzenberg), gehe ich persönlich doch sehr gerne in Konzert mit Neuer Musik, denn ich genieße die Atmosphäre dort. Es ist ein vergleichsweise kleines Publikum, man kennt einander und bringt sich gegenseitig Wertschätzung und Wohlwollen entgegen. Das tut gut in unserem teils sehr oberflächlich und kommerziell gestalteten Musikbetrieb.

 

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