Nach seinem erfolgreichen Neujahrskonzert im Großen Festspielhaus in Salzburg kehrte das Symphonieorchester Vorarlberg wieder zurück zu seiner Aboreihe ins Montforthaus Feldkirch und nun auch wieder ins Bregenzer Festspielhaus. Bei all diesen Ereignissen war der Dirigent Leo McFall, der, so kommt es über die Bühnenrampe, sowohl musikalisch als menschlich eine ideale Beziehung zum Orchester aufbauen konnte. Für das Aboprogramm 4 hat er mit seinem Team ganz besondere Werke gewählt, die beide mit tragischen Liebesgeschichten in hohen Adelskreisen zu tun haben, welche es natürlich vor allem, nein, ausschließlich in den Märchen gibt. Märchen heißt auf tschechisch „Pohádka“, und so hat Joseph Suk, der Schüler und Schwiegersohn Antonin Dvoraks, seine Orchestersuite nach dem Schauspiel „Radúz und Mahulena“ von Julius Zeyers genannt. In vier Sätzen hört man hier wunderbare Melodien und zündende Rhythmen, dazu immer wieder eine bezaubernde Solovioline, die Pawel Zalejski spielte. Ein zu Unrecht selten aufgeführtes Werk! Hingegen erlebt man immer wieder auf Opernbühnen Béla Bartóks einzige Oper „Herzog Blaubarts Burg“, zuletzt spektakulär bei den Salzburger Festspielen, dirigiert von Teodor Currentzis und inszeniert von Romeo Castellucci, von wo auch die deutsche Übertitelung zur Verfügung gestellt wurde. Doch auch konzertant ist dieser Einakter ein großes Erlebnis, vor allem wenn so kompetent gesungen und musiziert wird wie hier in Feldkirch und Bregenz. Die irische Mezzosopranistin Paula Murrihy gibt einen stimm- und selbstsichere Judith, die immer neue Einblicke in die Zimmer der Burg ihres soeben angetrauten Mannes Blaubart fordert. Diese Rolle ist prominent besetzt mit Gábor Bretz – man erinnert sich an seinen Jochanaan bei den Salzburger Festspielen oder seinen Don Quichotte in Bregenz. Er legt die Figur keineswegs machomäßig an, vielmehr sanft und schließlich resignierend. Denn er bittet Judith vergebens, nicht zu tief in seine Burg, sprich seine seelischen Abgründe zu blicken. Er weiß, dass es sowohl ihm und ihr zum Verhängnis wird, denn er kann nach Judith keine Frau mehr gewinnen: „Nacht bleibt es nun auf ewig“ sind seine letzten Worte. Bei diesem symbolistischen und tiefenpsychologischen Werk kommt dem Orchester ein Hauptrolle zu, denn es schildert musikalisch die verschiedenen Innenräume, die Judith zu sehen verlangt, aber auch die Seelenverfasstheit der beiden Protagonisten. Mit Klarheit und Präzision, aber auch sinnlicher Klangentfaltung malt Leo McFall mit den glänzend disponierten Musikerinnen und Musikern ein wunderbares Tongemälde, dessen stetem Sog sich das Publikum gerne hingibt und am Ende jubelnden Beifall spendet.
Foto: Webseite der Künstlerin: Paula Murrihy als Dido in Herny Purcells Oper
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