Zeitklang II im Museum
Einen Hauch der Bregenzer Festspiele können wir trotz der Krise erleben. Bevor ab 15. August die Bregenzer Festwoche stattfinden wird, kam am Dienstag der Wiener Concert-Verein erneut nach Bregenz, diesmal in einer umfangreichen Streicherbesetzung. Auch das Publikum war zahlreich.
Wie schon vor zehn Tagen, so eröffnete auch diesmal das Werk einer Dame den Reigen der zeitgenössischen Kompositionen – auch heute sind komponierende Frauen noch in der Minderzahl. Im Konzert I war es Maria Salamon mit den witzig-jazzigen Stück „23 Minutes in the Rain“ (ich hatte in meinem damaligen Artikel vergessen, sie zu erwähnen, wofür ich mich entschuldige) Diesmal eröffnete ein Werk von Ursula Erhart Schwertmann das Konzert. Sie ist auch als Malerin tätig und präsentierte mit „Summer at the Seaside“ ein Tongemälde. Dass die Klänge teils recht spröde daherkamen, lag wohl nicht an den Streichern des Wiener Concert-Vereins. Klangsinnlichkeit stand auch beim nächsten Werk nicht im Vordergrund. Es war „Gravur“ des Feldkircher Wolfram Schurig. So komplex komponiert war es, dass sie drei Musiker einen Dirigenten benötigten und je einen Umblätterer. Hingegen brachte der Oberösterreicher Helmut Schmidinger Humor ins Spiel mit seinem Streichquartett „Zupf Di“. Der knapp dreißigjährige Wiener Daniel Muck schuf mit dem Streichquintett „Oraculum Appolonis“ ein mehrsätziges Werk von erhabener Schönheit und einer gut nachvollziehbaren, orgiastischen Steigerung. Vielschichtig und beziehungsreich zeigte sich auch die Uraufführung von Sarah Marie Leonard, die mit
Ihrem Titel „Primavera in maschera“ – „Maskenfrühling“ ein Werk von kaum überbietbarer Aktualität vorlegte. Küchenutensilien – man war ja im Lockdown sehr häuslich – und das Tragen verschiedener Masken durch das Orchester verankerten das Werk in der derzeitigen Erfahrungswelt. Am Abschluss stand, wie auch im Konzert Zeitklang I, eine Uraufführung eines Werks aus Vorarlberg. Im Auftrag des Wiener Concert-Vereins schuf der Dornbirner Thomas Thurnher sein Stück „Gespinst“, nebenbei gesagt ein Titel, den Wolfram Schurig zuvor schon verwendet hat. Doch der Stil dieser beiden Vorarlberger ist verschieden. Thurnher überfordert weder die Musiker noch das Publikum, er schreibt klangsinnliche Musik, ohne gestrig zu sein. Es ist interessant zu erleben, dass eigentlich bei allen Stücken des Abends ein außermusikalischer Impuls zugrunde liegt, der meist klangmalerisch verarbeitet wird. Nicht so bei „Gravur“ von Wolfram Schurig, der zwar damit auch einen Begriff aus den Bildenden Kunst verwendete, jedoch ihn zum Anlass für kompositorische Strukturen nahm. Somit ist er einem Kompositionsstil verpflichtet, der vor allem intellektuell ist – sein Stück „Gravur“ ist knapp zwanzig Jahre alt. ZU dieser Zeit waren außermusikalische Impulse bzw. Klangmalerei nicht sehr hoch geschätzt, aber offenbar hat nun ein Umdenken stattgefunden. Das Publikum lohnt es mit zahlreichem Besuch und langem Applaus.
(Foto Mira Weihs)
3 Comments