Das Vorarlberger Landeskonservatorium ist auf dem Weg, eine Privatuniversität zu werden. Zur Erklärung: Bei Einführung der Bologna-Studienordnung mussten sich die österreichischen Konservatorien entscheiden, ob sie den Rang einer Privatuniversität haben oder sich fortan an eine der existierenden Musikuniversitäten anschließen wollen. Damals entschloss sich Feldkirch für letzteres, es wurde ein Zweig des Mozarteums Salzburg. Nun, unter der Direktion von Jörg Maria Ortwein, wagt man den Schritt in die Selbständigkeit. Man hat den Namen „Stella“ gewählt, um die historische Bedeutung des Gebäudes, in dem man sich befindet, zu würdigen und wird dabei wohl die erste Privatuniversität mit einem weiblichen Namen – wie schön!
Es ist ein Ereignis, das man auch öffentlichkeitswirksam würdigen sollte. So dachte es sich unser Landeskonservatorium und lud am 4. Und 5. Februar zu einem internationalen Symposion ins Feldkircher Montforthaus. Ich habe den Dienstagnachmittag, 4.2., besucht und vier hervorragende Vorträge gehört. Der erste war von Martin Tröndle von Zeppelin-Universität Friedrichshafen. Er brachte eine Studie nahe, die sich mit den Beweggründen von Menschen befasst, die bislang keine hochaktuellen Veranstaltungen wie Oper, Theater oder Museen besucht haben. Dazu lud man junge Menschen in Berlin mit Universitärem Hintergrund, die bisher solchen Events fernblieben, ein, kostenlos und in Begleitung ein solches zu besuchen, wobei sie eine gewisse Auswahl hatten. Man befragte sie vorher und nachher ausführlich. Es würde zu weit führen, hier einzelne Ergebnisse aufzulisten. Doch auch nach dieser Untersuchung zeigt sich, dass die Hochkultur ein Minderheitenprogramm ist, das einen Bevölkerungsausschnitt im einstelligen Prozentbereich anspricht.
Dennoch sind viele unserer Kulturveranstaltungen ausgebucht und es entstehen immer neue Kulturzentren. Eines der erstaunlichsten gibt es in Blaibach in der Oberpfalz /Bayerischer Wald. In diesem zu Zeiten stark unterbelichteten 1500 Seelendorf wagte es der Sänger Thomas E. Bauer, der selbst von dort stammt, ein Konzerthaus zu bauen. Der Architekt Peter Haimerl schuf ein innen wie außen atemberaubendes Gebäude, das Form und Material aus der Region bezieht. Blaibach ist seither ein Magnet für die erste Riege der Musiker und Musikerinnen sowie für ein Publikum, dem im Schnitt 200 km Anreise nicht zu viel sind. „Exzellenz“ ist die Maxime des Intendanten Thomas E. Bauer – er scheut sich nicht, diese kleine Minderheit, die diese schätzt, anzusprechen. Er hat damit einen fulminanten Erfolg.
Selbstverständlich nützte auch das Feldkircher Festival „Montforter Zwischentöne“ dieses Symposion, und verstand es, sich spannend und sympathisch zu präsentieren. Ein unmittelbaren Eindruck davon konnten sich die Besucher und Besucherinnen des Symposions am Abend machen, wo vier jungen Ensembles um den „Hugo“ ritterten, einem Preis für neue Konzertformate, den die „Montforter Zwischentöne“ ausloben.
Der letzte Beitrag dieses Nachmittags war der, der wohl am meisten Hoffnung spendete. Wenige Kilometer südlich von Feldkirch, in Liechtenstein, befindet sich die Firma Hilti, und diese fördert mitttels ihrer Hilti Foundation Musikerziehungsprojekte in den Ländern des Südens. Begonnen hat es mit einem Beitrag zur inzwischen weltbekannten Aktivität von „El sistema“ in Venezuela, inzwischen arbeitet man auch mit vergleichbaren Projekten in Südafrika und in Peru. Und das peruanische Ensemble kommt auch, unter der Schirmherrschaft des bekannten Tenors Juan Diego Flores, nach Europa, wo es im Rahmen von Festivals wie Luzern oder Salzburg auftritt und von Mitgliedern europäischer Orchester wie etwa den Wiener Philharmonikern gecoacht wird. Eine „Win-Win-Situation für beide Seiten“, nennt Christine Rhomberg diese Zusammenarbeit – Rhomberg betreut diese Projekte und hat sie im Gespräch mit der Moderatorin des Symposions, Annekatrin Hentschel, vorgestellt. Ihr Statement ist, dass die Musik bei jungen Menschen nicht nur die Kompetenz auf dem Instrument fördert, sondern auch viele soziale Skills wie etwa Team- oder Konzentrationsfähigkeit, die für viele Bereiche unseres Lebens hilfreich sind.
Viel zu spät werden hier die musikalischen Beiträge genannt, die von Ensembles des Landeskonservatoriums kamen: dem Orchester unter Benjamin Lack, dem Celloensemble unter Mathias Johansen und dem Superar-Chor, geleitet von Magdalena Fingerlos.
Mit diesem Symposion hat das Vorarlberger Landeskonservatorium eindrucksvoll gezeigt, welche Rolle es als Privatuniversität einzunehmen gedenkt. Natürlich ist von einer jeglichen Universität gefordert, in ihren unmittelbaren Fachbereichen, hier der Ausbildung auf Instrumenten und dem Gesang, exzellent zu sein – da wäre in einigen wenigen Bereichen auch in Feldkirch durchaus Luft nach oben. Doch darüber hinaus kann es geistige Inputs in die Region hinaus schicken, und diese sind in Vorarlberg, einer zwar wirtschaftlich starken, aber intellektuell nicht übermäßig aktiven Region, hoch willkommen.
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